Wir müssen leider draußen bleiben
Die Journalistin legt ein Buch über die zunehmende Armut und Ausgrenzung in der Bundesrepublik vor. Mit vielen empirisch belegten Analysen und ihrer drastisch-plastischen Sprache skizziert die 40-Jährige ein Land, in dem die sozialen Unterschiede immer gravierender (gemacht) werden. Die moralische Bewertung der Armut und des Armen mit dem Etikett Eigenverantwortung und soziale Verwerflichkeit durch die Mittel- und Oberschicht legt die Last sozialer Ausgrenzung oft alleine auf die Schultern des Einzelnen. Sie beschreibt Hartz IV als tiefen Bruch in der Sozialgeschichte des Landes, den keiner richtig wahrnahm: vom im Grundgesetz unter den Grundrechten garantierten Sozialstaatsgebot und dem Staatsziel sozialer Gerechtigkeit und seiner unbedingten Begründung in den Menschenrechten hin zur bedingten Grundlegung der Leistungsgerechtigkeit unter Kanzler Schröder. Hartmann geht mit vielen Hilfsangeboten, etwa den weitverbreiteten Tafeln, hart ins Gericht, weil sie Almosen geben, ohne die strukturellen Ursachen von Armut zu hinterfragen. Ein wichtiges Buch, das viele Pseudo-Diskurse als vorurteilsbeladen oder ideologisch entlarvt. Sehr lesenswert!
Karsten Steil-Wilke
rezensiert für den Borromäusverein.
Wir müssen leider draußen bleiben
Kathrin Hartmann
Blessing (2012)
415 S.
kt.