Am Anfang war Heimat

Für Linksintellektuelle ist seit Jahrzehnten der Begriff Heimat ein Unwort, weil es unter Hitler missbraucht worden ist. Dabei umspannt dieses Wort elementare Erfahrungen und Gefühlslagen von uns, ist also eigentlich immer aktuell gewesen. Eberhard Am Anfang war Heimat Rathgeb, Enkel einer deutschen Auswandererfamilie, ist als Kleinkind in den 60er Jahren aus Argentinien wieder nach Deutschland zurückgekommen und erscheint deshalb für das Thema Heimat prädestiniert. Vor allem am Beispiel seines Großvaters und seines Vaters untersucht er den schwierigen Begriff, zu dem sich die Begriffe Familie und Glück gesellen. Für ihn ist Heimat letztlich das In-die-Welt-Kommen, also Erfahren der "Welt" in der nächsten Umgebung des Kindes, woraus sich ein Grundgefühl des Daseins entwickelt, eine Art "Weltgeborgenheit". Deshalb spricht Rathgeb auch von "Heimat aus Stimmung". Ausführlich behandelt er die geistige Heimat und führt den Leser arg weit herum durch die deutsche Geistesgeschichte. Diese wird von ihm, einem erfahrenen Zeitungsredakteur und Romancier, pointiert feuilletonistisch gezeichnet. Der Heimatbegriff erfährt damit eine starke Ausweitung. Dies führt dann sogar zu der Annahme, dass aus der deutschen Kultur zwei Weltkriege hervorgegangen seien. Letztlich beschäftigt Rathgeb wie uns alle die Frage, wohin wir gehören. Er empfiehlt die Öffnung zu den anderen, weil das Leben für einen allein zu unheimlich und unerträglich sei. Ob so die Frage nach der eigenen Identität und der Selbstversicherung befriedigend zu beantworten ist, bleibt freilich offen. Anmerkungen und ein Personenverzeichnis schließen das Buch ab.

Bernhard Grabmeyer

Bernhard Grabmeyer

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Am Anfang war Heimat

Am Anfang war Heimat

Eberhard Rathgeb
Blessing (2016)

383 S.
fest geb.

MedienNr.: 585404
ISBN 978-3-89667-541-5
9783896675415
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: So
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