Als David seine Stimme verlor
Nach Davids Krebsdiagnose fällt es allen schwer, mit der Erkrankung und dem Gedanken an den Tod umzugehen. David selbst verstummt innerlich. Myriam, seine älteste Tochter, ist gerade Mutter geworden und findet keine Worte für die neue Situation. Paula, Davids zweite Frau, kann sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen; sie trauert schon um ihn, während er noch lebt. Allein Tamar, ihre und Davids 8-jährige Tochter, hat eine kindlich-pragmatische Vorstellung vom Tod. Die gemeinsame Bootstour mit ihrem Vater wird die letzte sein, das weiß auch sie. Aber die Familie hält zusammen, so unterschiedlich auch der Umgang mit dem Sterbenden ist, denn jeder liebt David auf seine Weise. - Ein schweres Thema für eine Graphic Novel, aber wieder einmal zeigt sich, dass es die Bilder sind, die einen adäquaten Ausdruck finden für die Verstörungen und Verwüstungen, die von solch einem Schicksalsschlag ausgehen. Die Aquarelle sind kühle, prägnante Abbilder des Innenlebens aller, der Hoffnungen und der Trostlosigkeit, der Versuche, der Trauer Herr zu werden, des Tunnels, in dem sich alle bis zu Davids Tod befinden. Es sind gerade die Verwaschungen und Unklarheiten dieser Maltechnik, welche die physischen und psychischen Zersetzungen markant inszenieren. Eine ästhetisch sehr ambitionierte und glaubwürdige Auseinandersetzung mit dem Thema, von der jeder Leser berührt sein wird.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Als David seine Stimme verlor
Judith Vanistendael
Reprodukt (2014)
267 S. S. : überw. Ill. (überw. farb.)
fest geb.