Mit Leib und Seele

In der Regel hat alles seine zwei Seiten: Wäre aufgrund einer Generalsanierung nicht die vorübergehende Schließung des Diözesanmuseums in Freising unumgänglich geworden, hätte es auch nicht die Rokokoausstellung in der Hypo-Kunsthalle gegeben - und damit auch nicht diesen großformatigen Begleitband. Es sind hierin sieben verschiedene Phänomene angesprochen, die den bei uns zwischen etwa 1720 und 1770 vorherrschenden Stil des Rokoko charakterisieren: "Gesamtkunstwerk", "Rocaille", "Oberfläche und Fassung", "Spiel und Heiterkeit", "Porzellan", "Emotion und Sinnlichkeit" sowie "Verismus". Einem solchen Kriterium sind dann exemplarisch eine oder mehrere Künstlerpersönlichkeiten (in Porträts) bzw. deren Werk (Skulpturen, Entwürfe, liturgische Geräte) zugeordnet, in chronologischer Folge von den Gebrüdern Asam im Spätbarock über die Rokokobildhauer Johann Baptist Straub, Christian Jorhan d. Ä., Franz Xaver Schmädl, Joseph Götsch, Franz Anton Bustelli und Ignaz Günther bis zu Roman Anton Boos am Übergang zum Klassizismus. Das zeigt, dass zum einen Architektur und Malerei sowie das höfische Rokoko weitgehend ausgeklammert, zum andern auch Künstler berücksichtigt sind, die von München nur indirekt beeinflusst waren. Dieses ausstellungsbedingte Manko wird im Buch durch Fotos und übergreifende Aufsätze von Fachleuten besonders zur Sakralarchitektur des Rokoko und deren Ikonologie wettzumachen versucht. Ungeachtet dessen ist der großzügig wie prächtig ausgestattete Band ein Augenschmaus, der schon allein zum Durchblättern und Schmökern anregt.