Vaticanum

Dieser Roman ist ein Remake von Dan Browns "Illuminati". Leider kein gutes. Wie in "Illuminati" haben sich finstere Mächte gegen die katholische Kirche verschworen. Islamisten entführen im Auftrag der Mafia, die sich durch die Aufräumarbeiten bei Vaticanum der Vatikanbank in ihren Geschäften gestört fühlt, den Papst und drohen ihn hinzurichten. Tomás Noronha, ein Historiker, der im Auftrag des Vatikans im frühchristlichen Gräberfeld unter dem Petersdom forscht, setzt sein Leben aufs Spiel, um ihn und die Kirche zu retten. Um Noronhas Genialität unter Beweis zu stellen, lässt Dos Santos ihn kurzerhand die Reliquien des hl. Petrus finden - was den angeblich dilettantischen Ausgräbern in den dreißiger Jahren nicht gelungen sei. Noronha zur Seite steht Catherine Rauch, die Ordnung in die Geschäfte der Vatikanbank bringen soll. Und als wären das nicht schon genug Parallelen, spielt sich auch ein Großteil der natürlich dramatischen Handlung im Gräberfeld unter dem Petersdom ab. Bei "Illuminati" ist es ein Antimaterie-Behälter, der den Petersdom und seine Umgebung zu zerstören droht, in diesem Roman sind es herkömmliche Sprengsätze, die die Islamisten an den Fundamenten angebracht haben. Leider ertränkt Dos Santos seinen an sich spannenden Plot, indem er langatmig und langweilig historische Fakten an der falschen Stelle ausbreitet und dadurch Spannung gar nicht erst aufkommen lässt. Dazu sind die Figuren phantasielose Abziehbilder, Norhona ist ein Doppelgänger von Robert Langdon, die Geistlichkeit faselt schwülstig-fromm daher und der von der Mafia erpresste Kardinal ist an Naivität nicht mehr zu überbieten. Dass Norhona die Petrus-Reliquien findet, dient einzig und allen dem Ausweis seiner Genialität, entspricht aber nicht der Grabungsgeschichte. Das ist zwar künstlerische Freiheit, gibt aber trotzdem Minuspunkte, weil diese Anpassung der Realität an die Fiktion alles andere als geschickt gemacht ist und die Ausgräber von damals völlig unnötig in schlechtes Licht rückt. Thriller mit diesem Setting gab es einfach schon viel zu oft, als dass es einen 500-Seiten-Roman auch nur einigermaßen lesenswert machen würde. Liebe Schriftsteller und Verlage, ich würde gerne mal einen Vatikan-Thriller lesen, der nicht so vorhersehbar und klischeehaft angelegt ist! Einer, bei dem Kardinäle und andere Geistliche weder homosexuell noch verdorben, böse oder naiv sind. Dieser Thriller hier jedenfalls ist Geld- und Zeitverschwendung. (Übers.: Viktoria Reich)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Vaticanum

Vaticanum

José Rodrigues dos Santos
luzar publishing (2019)

509 S.
kt.

MedienNr.: 597290
ISBN 978-3-946621-04-1
9783946621041
ca. 18,50 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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