Der Mann in der fünften Reihe
Als Schauspielerin nimmt Nelly die Welt auf ihre eigene Art und Weise wahr, steht im ständigen Dialog mit ihrer Rolle, ersehnt und fürchtet die nächste Aufführung. Einen festen Partner hat sie nicht und ihre Kinder sind weitgehend selbständig, so dass sie sich gänzlich auf ihren aktuellen Part als leidende, vom Schmerz zerrissene Mutter konzentrieren kann. Eines Abends jedoch erblickt sie im Publikum einen Mann, den sie ein halbes Jahr zuvor aus ihrem Leben verdrängt hat, den sie vergessen musste, da es für die beiden keine Zukunft gab. Ihre Gefühle überwältigen sie und verwandeln den Schmerz der Mutter in reale seelische Qualen, die ihr den Atem rauben. Ihr Leben scheint vollkommen aus den Fugen zu geraten und es dauert eine Weile, bis sie realisiert, dass sie diesen Mann wiedersehen muss, um einen Abschluss zu erhalten. - Auf knappen 110 Seiten erschafft die französische Autorin und Dramatikerin außergewöhnlich kraftvolle Emotionen basierend auf einer beeindruckenden sprachlichen und bildlichen Vielfalt und begleitet durch philosophisch anmutende Gedankengänge. Eine thematisch und sprachlich anspruchsvolle Lektüre, für größere Bestände zu empfehlen. (Übers.: Claudia Steinmetz)
Marlene Knörr
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Mann in der fünften Reihe
Véronique Olmi
Kunstmann (2017)
109 S.
fest geb.