Der Gesang der Bäume
"Bäume sind keine Lebewesen". Diese These widerlegt David G. Haskell in seinem Buch sehr eindrucksvoll. Das Leben der Bäume und ihre Beziehungsgeflechte innerhalb natürlicher und von Menschen beeinflusster Ökosysteme werden dabei vielschichtig beleuchtet. Neben Baumvertretern in weitestgehend menschenleeren lebenden Wäldern zu Beginn widmet sich der Autor im zweiten Teil auch den komplexen rekonstruierten Zusammenhängen in scheinbar längst vergessenen fossilen Wäldern. Zum Schluss wird das vielfach unbeachtete und dennoch auf alle Lebensbereiche Einfluss nehmende Dasein von Bäumen in urbanen Räumen anhand von vier weiteren Beispielen erörtert. Zentral integriert findet sich zudem eine beeindruckende Bildstrecke zu den untersuchten Baumvertretern und ihren jeweiligen Lebensräumen. Haskell gelingt es auf bemerkenswerte Art und Weise, eigene Beobachtungen und Erfahrungen mit wissenschaftlichen Fakten zu verknüpfen. Dabei schafft er ausgehend vom Leben der Bäume in poetischer Sprache immer wieder Anlässe, um ethische und philosophische Grundfragen, aber auch aktuelle Probleme wie den globalen Klimawandel kritisch zu reflektieren. Der Einblick in diese mehrdimensionalen Zusammenhänge ermöglicht es dem Leser, sowohl den Zierbaum in Stadtgärten als auch die zusammenhängenden Wälder in den verschiedenen Erdteilen aus einem völlig neuen Blickwinkel wahrzunehmen.
Thomas Greil
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Gesang der Bäume
David G. Haskell
Kunstmann (2017)
320, [16] S. : Ill. (farb.)
fest geb.