Die Architektur des Knotens
Was tun, wenn die inneren Stimmen so laut sind, dass man nach außen verstummt? Die Gedanken eine Richtung annehmen, die nicht sein darf, die allein zu denken bedrohlich wird für ihre Ehe mit Jonas und die Söhne John und Mika? Die 39-jährige Yvonne ist erschöpft von dieser inneren Abwehr, fühlt sich festgezurrt in ihrem Beziehungsgeflecht, ohne genau sagen zu können, warum. Darf man etwas Funktionierendes zerstören, ohne zu wissen, wie es danach weitergehen könnte? Yv fürchtet sich davor, aber ahnt, dass es die einzige Möglichkeit ist, damit sich das Bestehende zu etwas Besserem verändern kann. So spricht sie schließlich aus, was sie empfindet, fasst in Worte, was sowieso schon da ist und begibt sich damit auf einen ungewissen Weg, der für alle schmerzvoll ist. Dadurch kommt etwas in Bewegung, das eine Veränderung möglich macht hin zu mehr Echtheit. - Die Autorin schaut hinter die Fassade eines Paares, das so gut miteinander funktioniert, dass sich die Protagonistin darin verliert, und versucht, das Vage, Unsagbare in Worte zu fassen. Sie benutzt dafür überwiegend die Ich-Perspektive. Vereinzelte Kapitel mit dem Fokus auf Jonas, der Schwiegermutter oder einem Freund lockern diese auf, verdeutlichen, wie schwer Yvs Verhalten für Außenstehende nachzuvollziehen ist. - Eine unbequeme, ins Detail heruntergebrochene Innensicht einer längeren Beziehung. Bei entsprechender Nachfrage schon in kleinen Beständen möglich.
Barbara Sckell
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Architektur des Knotens
Julia Jessen
Kunstmann (2018)
427 S.
fest geb.