Running girl
Li ist sehr bemüht darum, allen Anforderungen ihres Jobs in einem Sushi-Restaurant und ihres Studiums gerecht zu werden. Außerdem nimmt sie sich jeden Tag eine Stunde Zeit, um die Beziehung mit ihrem Freund Chen in ihrer chinesischen Heimat aufrecht zu halten. Die Autorin hat Yi als Running Girl, als bis zur totalen Erschöpfung rennendes Mädchen dargestellt. Und dann hält für Yi die Welt an, als ihr Freund ihr mitteilt, dass er sich mit einer anderen Frau verabredet. Wegen ihrer noch immer an Sprachbarrieren scheiternden Integration scheint sie keinerlei Rückhalt zu haben - bis sie lernt, die Augen zu öffnen. Das tut sie konkret beim Zahnarzt, um den Schmerz weniger zu spüren, das tut sie dann auch im übertragenen Sinn ihn ihrem Leben. "Der Schmerz war immer noch da, aber er wurde erträglicher." Diese Geschichte übers Weglaufen vor der Realität und letztlich das Ankommen darin, auch wenn es weh tut, hat auf wenigen Seiten und mit liebenswerten, selbstironischen Bildern außerdem Themen wie Integration und die uns fremden Werte chinesischer Sozialisation eingefangen. Sie trägt autobiografische Züge der Autorin, die dabei eigene Erfahrung von Fremdsein und Sprachproblemen verarbeitet. Diese Geschichte wäre durchaus empfehlenswert, wenn sie etwas auffälliger daher käme. So könnte das kleinformatige, dünne Heft eher unbeachtet zwischen hervorstechenderen Titel untergehen.
Lotte Schüler
rezensiert für den Borromäusverein.
Running girl
Yi Luo
Reprodukt (2016)
31 S. : überw. Ill. (farb.)
kt.