Der Gott des Sommers
Anfang 1945 fallen Bomben auf Kiel. Die zwölfjährige Luisa wird zusammen mit ihrer älteren Schwester und ihrer Mutter auf dem Landgut von Verwandten einquartiert. Während die Alliierten täglich näher rücken, glauben manche noch an den versprochenen "Endsieg". Im Volkssturm sollen ältere Männer und Jugendliche das Reich des Führers verteidigen und den Feind besiegen. Davon bekommt Luisa nicht viel mit, das Landgut ist fast wie eine Idylle, hier kann sie lesen, so lange und so viel sie möchte. Während in den Städten gehungert wird, sind die Speisekammern des linientreuen Schwagers Vinzent immer gut gefüllt: "Kinder, genießt diesen Krieg, der Frieden wird furchtbar werden!" Von den Schrecken des Krieges und den Gewaltverbrechen im Osten bekommt man hier nicht viel mit. Auf Vinzents Geburtstagsfeier nimmt er Luisa als sein "Geschenk" und vergewaltigt sie brutal im neuerbauten Bunker. - Thematisch knüpft Rothmanns Roman an seinen hochgelobten Erfolg "Im Frühling sterben" an. Nun wird der Krieg fernab der Front erzählt, allerdings denkbar banal, naiv und unreflektiert - ja beinahe dumpf: Der Selbstmord des Vaters wird einfach hingenommen. Luisas Entscheidung, bei Kriegsende ins Kloster zu gehen und Nonne zu werden, denn "Ich habe schon alles erlebt.", scheint eher einem Kitschroman entsprungen zu sein und wird beim Hörer vermutlich für Unverständnis sorgen. Der Roman wird ungekürzt und souverän von Wiebke Puls (und Shenja Lacher) gelesen, ist für Büchereien aber entbehrlich.
Felix Stenert
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Gott des Sommers
Ralf Rothmann. Gelesen von Wiebke Puls ...
Hörbuch Hamburg (2018)
6 CD (ca. 420 Min.)
CD