Nackt über Berlin

Die Handlung ist eigentlich zum Schaudern: da nehmen zwei befreundete Halbwüchsige ihren Schuldirektor in seiner eigenen Wohnung gefangen, um ihn zu erniedrigen. Diesen hatten die beiden 17-Jährigen volltrunken auf der Straße aufgelesen; und nachdem sie ihn mit heruntergezogener Hose über Camcorder der Lächerlichkeit preisgegeben haben, führen sie den hilflos Betrunkenen in seine High-Tech-Hochhauswohnung, wo sie ihn einsperren und mittels manipulierter Computer-Steueranlage über mehrere Tage gnadenlos demütigen. Erst langsam ahnt der homosexuell veranlagte Mittäter Jannik, der insgeheim in seinen schönen Freund und eiskalt agierenden Anstifter Tai verliebt ist, dass er für einen gnadenlosen Rachefeldzug missbraucht wird. - Wenn sich der Autor - von Beruf Theaterpädagoge, Regisseur und Schauspieler - in seinem Jugendbuch-Erstling auf den bedrohlichen Thriller-Plot beschränkt und seine mitunter zwanghaft handelnden Charaktere ernster genommen hätte, wäre vielleicht ein unter die Haut gehendes, diskussionswürdiges Hörstück entstanden. Aber Verfasser Axel Ranisch - der neben Sprecher Thorsten Merten als Ich-Erzähler von Jannik mit jugendlicher Tonlage überzeugen kann - persifliert sein thematisch überfrachtetes Werk mit vielen schrägen Figuren und unrealistisch-überkonstruierten Handlungsabläufen. Das erinnert an derzeit ¿angesagte' US-Filmproduktionen, die mit eigentlich tragischen Sequenzen und bemitleidenswerten Figuren mittels brutal-zynischem Witz Lacher erzeugen. Dazu bemüht er mitunter ein heftiges Fäkal-Vokabular und beschreibt mit genüsslicher Ironie Geschlechtshandlungen der besonderen Art, die so manche persönliche Geschmacksgrenze tangieren dürften. - Was für urteilssichere Cineasten als provokantes Film-Stilmittel noch angehen mag, ist in einer Jugendproduktion m.E. absolut fehl am Platz; daher ist von einer Einstellung in der Jugendhörbuch-Sparte abzuraten.