Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß
Die Bewohner der sozialistischen DDR hatten sich eingerichtet in dem Staat, in dem jeder seine Nische fand, der nicht allzu offen gegen die Regierung opponierte. Im Gegenzug gab der Staat seinen Bürgern das Gefühl der Sicherheit. Aber gerade für die Heranwachsenden machte sich manchmal quälende Langeweile breit, die gerne durch Alkohol betäubt wurde. Unterschwellig gärten schon damals rassistische Vorurteile und Neid. Nach der Wiedervereinigung entstanden daraus offene Gewaltexzesse, genährt von Alkohol, Wut und Frust über die schnell zerschlagene Hoffnung auf die blühenden Landschaften. Fein beobachtet zeichnet die Autorin die eigene Entwicklung und die ihrer Freunde, darunter auch ihres Freundes aus Kindertagen, der sich später Hitler nennt und als Anführer einer Neonazigang Angst und Panik unter allen Andersdenkenden verbreitet, bis hin zum Mord. - Ein Buch, das unbedingt jedem empfohlen werden kann, der entsetzt die Gewaltexzesse in den neuen Bundesländern verfolgt, ein Buch, das die Versäumnisse aller aufdeckt, fein beobachtet, in einer Sprache, die so spröde erscheint wie die Bewohner der Orte an der Havel und manchmal nur schwer auszuhalten ist. Für Jugendliche sollte unbedingt Reife und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der Gegenwartsgeschichte vorhanden sein.
Lotte Schüler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß
Manja Präkels
Verbrecher-Verl. (2017)
230 S. : Ill.
fest geb.