Am Gletscher
Mit Tonbandgerät und Stenoblock ausgestattet wird ein junger Theologe - genannt "Vebi" - als Vertreter des Bischofs an den berühmten Snaefellsgletscher gesandt, um über die Amtsführung des dortigen Pfarrers Sira Jon einen Bericht zu erstellen. Dieser zieht lieber durchs Land, um Pferde zu beschlagen und Gaskocher zu reparieren, als seinen seelsorgerischen Pflichten nachzugehen. Angekommen am Gletscher stellt Vebi fest, dass die Kirche zugenagelt ist. Er fängt an, ausführliche Interviews mit dem Pfarrer und den eigenwilligen Bewohnern der Gemeinde zu führen. Bei den teils derben und rätselhaften Dialogen wird im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt mit zahlreichen Referenzen zu verschiedenen Wissensbereichen philosophiert. - Der isländische Nobelpreisträger Halldór Laxness zeigt in diesem bereits 1968 erschienenen Roman seine fabulierende und satirische Seite. Der kleine Leineneinband, leider mit etwas kleiner Schrift, ist Teil einer neu gestalteten Reihe mit Laxness Büchern. Die Übersetzung von Bruno Kress stammt aus der ersten deutschen Ausgabe von 1974. Auch wenn "Am Gletscher" als Laxness witzigstes Buch gilt, ist es keine leichte Kost, weit entfernt von seinem eher traditionell geschriebenen sozialkritischen Roman "Salka Valka". "Am Gletscher" ist ein modernistischer, mit schalkhafter Laune geschriebenen Roman mit vielen Facetten. Größeren Büchereien mit ausgebauten Klassikbeständen gerne empfohlen. (Übers.: Bruno Kress)
Maria Holgersson
rezensiert für den Borromäusverein.
Am Gletscher
Halldór Laxness
Steidl (2016)
186 S.
fest geb.