Was du nicht hast, das brauchst du nicht
Aus den sehr unterschiedlichen Erzählungen ragt die "kurze Geschichte der Gesellschaft hässlicher Frauenzimmer" heraus. Es geht um eine Gruppe von Frauen, die sich 1949 gegen die Männer verbündet hatten und eine streitlustige weibliche Präsenz an der Universität Cambridge bildeten; dies ist die realistischste der Erzählungen. Ein Findelkind mit goldener Kette mit Schlüssel um den Hals, trifft auf eine Malerin ebenfalls mit Schlüssel; beide warten auf etwas und finden einen geheimen Garten, zu dem der Schlüssel passt, und eine Bibliothek. Dann die Geschichte einer Frau, die das Landleben liebt, deren Martinsgans lebendig wird und die einem großen Wolf begegnet, der frisches Fleisch von ihr fordert. Es sind Geschichten voller verrückter Einfälle über lebende Puppen, hässliche Frauenzimmer, unheimliche Häuser, Geister; sie enden meist mit einem Lächeln. Es gibt z.B. "eine Gärtnerin, die Gedanken züchtet". Manche Geschichte fängt ganz realistisch an und geht dann ins Fantastische über. Die Wirklichkeit wird zum schwankenden Boden. Alle Geschichten bedienen sich der Märchen- und Mythenwelten und erzählen dabei auch von aktuellen Geschehnissen. Sie sind verbunden durch immer wiederkehrende Dinge wie Schlüssel und Puppen. Die Schlüssel sind Objekte, die es ermöglichen, einen anderen Raum oder eine andere Welt zu betreten. Auch Bücher können solche Schlüssel sein. Die märchenhaft-surrealen Erzählungen der hochgelobten nigerianisch-britischen Autorin erfordern eine konzentrierte Lektüre. Für anspruchsvolle Leser empfehlenswert. (Übers.: Zoë Beck)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Was du nicht hast, das brauchst du nicht
Helen Oyeyemi
CulturBooks (2018)
285 S. : Ill.
fest geb.