Das Unglück schreitet schnell

Nach dem Tod ihres zweiten Mannes hatte die Großmutter des Autors immer wieder die alten Feldpostbriefe ihres ersten Mannes, Hermann Bartens, gelesen. Diese Marotte lernt Böhme erst zu verstehen, als er die Ordner voller Feldpostbriefe in ihrem Nachlass Das Unglück schreitet schnell findet und liest. In diesen Briefen verschweigt Bartens seiner Frau gegenüber jegliches Leid, das er selbst oder seine Kameraden erfuhren, aber auch das Leid, das er anderen zugefügt hatte. Stattdessen bezeugt er seine Liebe zu ihr und erklärt ihr auch dann noch, dass es ihm gut gehe, als seine Kompanie in Stalingrad eingekesselt ist. Unter Zuhilfenahme weiterer Augenzeugenberichte, Kriegstagebücher, Statistiken und wissenschaftlicher Abhandlungen gelingt es Böhme, ein realistisches und wegen seiner plastischen Darstellungen oft schockierendes Bild eines Wehrmachtsoldaten an der Front zu zeichnen. Dabei kristallisiert er die lebensbedrohlichen Situationen und brutalen Verhaltensweisen der Soldaten auf beiden Seiten heraus und wirft auch einen Blick auf das Schweigen der Heimkehrer, das nicht allein bei Böhmes Großmutter dazu führte, die damalige Zeit zu verklären. Ein dramaturgisch vielschichtiges Buch, das spannend zu lesen ist.

Adelgundis Hovestadt

Adelgundis Hovestadt

rezensiert für den Borromäusverein.

Das Unglück schreitet schnell

Das Unglück schreitet schnell

Johannes Böhme
Ullstein fünf (2019)

407 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 597660
ISBN 978-3-96101-016-5
9783961010165
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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