Der gebrochene Flügel

Erst als die Mutter im Sterben liegt, bemerkt Antonio, wie wenig er über sie weiß. So rührte die Unbeweglichkeit ihres Arms (die ihm nie aufgefallen war) von einer Attacke ihres Vaters her, der, verzweifelt über den Tod seiner Frau bei der Entbindung, Der gebrochene Flügel dem Säugling Schaden antat. Immer war Petra, obwohl körperbehindert, bereit, ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer zurückzustellen. Als Kind versorgte sie die mutterlose Familie, später arbeitete sie als Dienstmädchen und verwandte all ihre Kraft zum Wohl des Sohnes - eine bescheidene, tief gläubige Frau, die wenig von ihrem Leid preisgab und erst in hohem Alter ein wenig Anerkennung erfuhr. Begleitet wird diese biografische Erzählung von der Darstellung der bewegten Geschichte Spaniens im 20. Jh. und besonders den Intrigen der politischen Lager in der Franco-Zeit. Der Mutter mit einer Graphic Novel ein Denkmal zu setzen, stellvertretend für so viele Spanierinnen "ohne Stimme", ist ein starkes Motiv. Trotz des beachtlichen Umfangs und obwohl viele Seiten Paulas beleuchtet werden, bleibt sie uns fremd. Vielleicht liegt das auch am Zeichenstil, der sich minutiös an vielen Szenen abarbeitet und dennoch eine emotionale Nähe zu den Figuren vermissen lässt. Doch lässt sich die Geschichte als Zeitdokument lesen, als Erzählung über eine Frau, die ihre geringen Möglichkeiten ausschöpfen will.

Dominique Moldehn

Dominique Moldehn

rezensiert für den Borromäusverein.

Der gebrochene Flügel

Der gebrochene Flügel

Antonio Altarriba ; Kim
Avant-Verl. (2019)

261 S. : überw. Ill.
kt.

MedienNr.: 597843
ISBN 978-3-964450-02-9
9783964450029
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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