Ohne Titel. Aquarell auf Karton. Unsigniert.

Die Werke der Künstler, die in der Hitlerzeit aufgrund geistiger Behinderungen in psychiatrische Anstalten verbracht, oft zwangssterilisiert und umgebracht wurden, wurden von den Nazis einerseits als "entartet" denunziert, andererseits aber geschätzt Ohne Titel. Aquarell auf Karton. Unsigniert. und gesammelt. Ein solches Schicksal erzählt Florian Henckel von Donnersmarcks Film "Werk ohne Autor", und auch Dieter Lohr hat sich dieses Themas angenommen. Er gibt dem Werk einen Autor zurück. Auf dem Titelcoverbild sieht man ein Aquarell, "ohne Titel", unsigniert. Es stammt von Alfred Seidl, der im April 1921 in psychiatrische Behandlung überwiesen wurde. Dieter Lohr bettet das Schicksal des Künstlers in die Epoche ein, stellt Seidl in den Kontext von Expressionismus und Surrealismus, erzählt aber aus der Perspektive einer Gegenwart, aus der das verkannte, vergessene, zeitweise verschollene Werk ein merkwürdiges Profil bekommt. Ein Unternehmer betraut eine Kunstvermittlungsagentur, ein Seidl-Bild für seine Firma zu erwerben. Doch woher weiß man, dass das Bild echt ist und keine Fälschung, wenn es von dem Künstler keinen Farbauftrag, keine Signatur, keine Selbstaussagen gibt? Hinzu kommen Zeitzeugnisse von Euthanasieärzten, vom Bruder Florian Seidl, von kirchlichem Widerstand. Schließlich lässt der Autor es sich nicht nehmen, selbst in Erscheinung zu treten. Das ist vielleicht des Guten zuviel. Gleichwohl, eine eindringliche Erzählung.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Ohne Titel. Aquarell auf Karton. Unsigniert.

Ohne Titel. Aquarell auf Karton. Unsigniert.

Dieter Lohr
BALAENA Verlag (2020)

364 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 601033
ISBN 978-3-9819984-2-9
9783981998429
ca. 32,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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