Mittwoch

Es ist Mittwoch. Und an diesem einzigen Tag spielt der neue Roman des 2013 siebzig Jahre alt gewordenen, in Wien lebenden gebürtigen Thüringers. Sein Held "surft" von einer Station zur anderen. Dem Leser fällt das "Nachgehen" und "Mitgehen" nicht Mittwoch eben leicht. Der Autor wechselt die Orte, wie er von einer Zeit in die andere, von der Ich- in die Sie-Form wechselt. Das ergibt schon sehr "süffige" und bisweilen süffisant aufgegriffene Momente. Die aber sind nirgendwo halt- und fassbar. Das Haltlose ist denn auch eine der tragenden Säulen dieses Flanier-Epos. Wondratschek gefällt sich in der Ungebundenheit, die ihn quasi zu nichts "Greifbarem" verpflichtet - dazu kommt er sich, sagen wir, doch zu erfahren und alt im Metier vor. Er hat es anscheinend nicht mehr nötig, sich einen Plot auszudenken, der tragfähig ist, der vor allem eine Entwicklung zulässt, der der Leser, der ja auch immer auf sich selbst bezogen liest, gerne folgt. Die geschilderten Milieus, in denen ein von Hand zu Hand "wandernder" 100-Euro-Schein - der liefert den "roten Faden" - jeweils landet, sind nicht gerade die attraktivsten. Über Seiten hinweg schildern Damen des "ältesten Gewerbes der Welt" ihre Erfahrungen. - Erstaunlich fein beobachtet Wondratschek, in einigen Details ist er unschlagbar gegenwärtig, kritisch, und da leuchtet der alte wunderbare Lyriker herein, auf dessen Spur sich begeben mag, der dem Leben als sich stets veränderndes, aber nicht unbedingt auch in die Transzendenz hinüber weisendes menschliches Sein etwas abgewinnen kann.

Hans Gärtner

Hans Gärtner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Mittwoch

Mittwoch

Wolf Wondratschek
Jung und Jung (2013)

242 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 390211
ISBN 978-3-99027-041-7
9783990270417
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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