Mondbeben
Olav Ostrander liebt den Mond. In seinen schlaflosen Nächten glaubt er, seine Schwere und auch sein Zittern zu spüren. Nur dann scheint er sich selbst nah sein zu können. In kurzen rückblickenden Fragmenten erfährt man von seinem Leben: Sein Kind starb früh, er wurde zu einem Schuldeneintreiber, der Gewalt nicht scheute. Als er sieht, wie eine Frau misshandelt wird, greift er ein und schlägt den Schlagenden tot. So lernt er also Helen, die Geschlagene, kennen, die ihn, der ins Gefängnis muss, wohl aus Dankbarkeit heiratet. Die Haft ist endlich verbüßt, Helen hat geerbt, und beide möchten auf einer Insel vor Afrika ein neues Leben beginnen. Hier beginnt nun die eigentliche Geschichte: Schon auf den ersten Seiten ist eine gewisse Hoffnungslosigkeit zu spüren. Allein die Kommunikation zwischen Olav und Helen ist quälend befremdlich, wohl, weil beide ahnen, dass sie ihrer Vergangenheit nicht entfliehen können. Kaum in Afrika angekommen wird ein ganz anderer Albtraum wahr: Das erhoffte Paradies entpuppt sich als ein einziger großer Betrug: Krankheit, Korruption, Gewalt, Hitze, Schmutz, allgegenwärtige Armut, Prostitution und verzweifelter Alkoholkonsum prägen schon die ersten Tage. - All dies wird aus der Perspektive von Olav erzählt. Seine fast schon zynisch scheinender Fatalismus, seine Verzweiflung angesichts dessen, was ihm widerfahren ist und dessen, was ihm jetzt so unbarmherzig begegnet, wird viele Leser/-innen, sicher in einigem Entsetzen zurücklassen. - Ludwig Fels, mehrfach ausgezeichnet, hat einen Roman geschrieben, den man wohl als schockierend bezeichnen kann, der aber immer gut lesbar ist und in seiner Schilderung von einer scheinbar unerbittlichen Gnaden- und Ausweglosigkeit packt und berührt. Für eine offene und interessierte Leserschaft sehr zu empfehlen!
Barbara Nüsgen-Schäfer
rezensiert für den Borromäusverein.
Mondbeben
Ludwig Fels
Jung und Jung (2020)
310 Seiten
fest geb.