Mutter ohne Kind
Die Journalistin Eva Lindner ist selbst von einer Fehlgeburt betroffen, so wie unzählige andere Frauen. Und doch wird darüber nicht geredet, ist das Thema schambesetzt und die Eltern erhalten kaum Raum zum Trauern. Und das, je mehr, je früher in der Schwangerschaft die Fehlgeburt stattgefunden hat. Nach dem Gesetz handelt es sich erst ab der 24. Schwangerschaftswoche bzw. ab 500 g Geburtsgewicht um eine Totgeburt. Erst dann besteht ein Anspruch auf Bestattung, gilt das neue Leben juristisch als Mensch. Lindner geht anhand von Fallbeispielen auf das ganze Spektrum rund um die Fehlgeburt ein: Der Kontrollverlust in der Entscheidung, wie das tote Kind zur Welt kommt; das oft bis ins hohe Alter unverarbeitete Trauma und die quälende Frage nach dem Warum, verbunden mit Schuldgefühlen; die mangelnde Forschung und die patriarchalische Dominanz in dem doch durch und durch weiblichen Thema. Sie beleuchtet auch die Trauer der Väter und die großen Ängste in Folgeschwangerschaften. Dies alles unterlegt sie mit wissenschaftlicher Forschung und Erfahrungsberichten betroffener Frauen. – Das Buch greift ein sehr wichtiges und zu wenig reflektiertes Thema auf und gehört damit weit verbreitet. Ab mittleren Beständen empfohlen.
Dorothee Rensen
rezensiert für den Borromäusverein.
Mutter ohne Kind
Eva Lindner
Tropen Sachbuch (2024)
271 Seiten
fest geb.
Auszeichnung: Sachbuch des Monats