Religiöses Buch des Monats 2021

Dezember

24 x Hinhören im Advent

Wie hört sich Ihr Advent an? Nach „Last Christmas“ und anderem Gedudel in Supermärkten und Kaufhäusern? Nach „Macht hoch die Tür“ oder „Es ist ein Ros‘ entsprungen?“ Sabine Langenbach, Journalistin, Referentin und Dankbarkeits-Botschafterin 24 x Hinhören im Advent (mit einem youtube-Kanal, auf dem es um Dankbarkeit für die kleinen Momente des Lebens geht) hat noch ein paar Ideen mehr für das Hören im Advent. - Inspiriert hat sie dazu ihre Tochter Birte, die von Geburt an blind ist. Sie erschließt sich die Welt über ihr Gehör und ihren Geruchssinn. Dadurch nimmt sie manchmal Dinge wahr, die einem Augenmenschen gar nicht auffallen, Zwischentöne in der Stimme zum Beispiel, die etwas über die Stimmung des Gegenübers verraten. - Sabine Langenbach meint aber nicht nur Geräusche – oder deren Abwesenheit -, sondern auch das Hören auf die eigenen Gedanken und Empfindungen. Davon erzählt sie in kurzen, maximal anderthalb Seiten umfassenden Impulsen. - Darin geht es u.a. um eine Begegnung mit einem Engel, um eine nachmittägliche Auszeit am Adventskranz, um die Entstehungsgeschichte von „Macht hoch die Tür“. Ein ratternder Kühlschrank bringt sie darauf, dass sie auch die kleinen Sorgen des Alltags auf Gott werfen darf. - In der Adventszeit hat das ganze Leben Platz, mit seinen Höhen und Tiefen, seinen Licht- und Schattenseiten. „Pure Nostalgie und ‚angenehme Gefühle‘ werden dieser Zeit aber nicht gerecht. Es geht um nichts weniger als den Beginn der spektakulärsten Rettungsaktion aller Zeiten. Die Geburt von Jesus ist der Auftakt. Karfreitag der Tiefpunkt. Ostersonntag das unerwartete Comeback“. - Sabine Langenbachs Impulse zwingen zu nichts. Sie regen zum Nachdenken an und sind dabei gerade so lang, dass man sie sich in einem stillen Viertelstündchen zu Gemüte führen kann, am Adventskranz oder -Gesteck oder unterwegs in der Bahn. Mit Langenbachs Impulsen wird der Advent zu einer kleinen Entdeckungsreise in den eigenen Alltag und zu einer willkommenen Unterbrechung der oft genug stressigen Adventszeit.

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

24 x Hinhören im Advent

24 x Hinhören im Advent

Sabine Langenbach
Neufeld Verlag (2021)

107 Seiten : zahlreiche Illustrationen (farbig)
kt.

MedienNr.: 607639
ISBN 978-3-86256-170-4
9783862561704
ca. 9,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


November

Eine Sache des Vertrauens

"Glauben Sie das wirklich?" Diese Frage wird dem Paderborner Hochschulseelsorger und Dompfarrer Nils Petrat oft gestellt. Und in dieser Frage kommen sowohl Skepsis wie Sehnsucht der Menschen zum Ausdruck. "Es ist am Ende eine Sache des Vertrauens", Eine Sache des Vertrauens ist die Überzeugung von Petrat, und darum ist auch der Vertrauensverlust, den die katholische Kirche derzeit erleben muss, so schmerzlich. Umso wichtiger ist es in dieser Situation, "der ganz persönlichen, individuellen Ebene des Glaubens große Aufmerksamkeit zu schenken". Der Autor lädt dazu ein und ermutigt, sich bewusst mit der Frage nach Gott auseinanderzusetzen, sich auf die ganz persönliche Suche zu machen, ob man dem christlichen Glauben wirklich Vertrauen schenken kann. Um das vermitteln zu können, erzählt der Autor auch von seinem eigenen Glaubensweg sowie von seinen Erfahrungen als Seelsorger, der um die Schwierigkeiten wie die positiven Erlebnisse vieler anderer Menschen mit dem christlichen Glauben weiß. Es geht dabei nicht um eine Art theoretischen Grundkurs des Glaubens, vielmehr um das Aufzeigen von möglichen Zugängen zum Glauben: heilige Orte mit einer spirituellen Atmosphäre etwa, auch Kunstwerke oder Musikstücke, auch können manche Alltagserlebnisse zu "Offenbarungsmomenten" werden. Im Gebet können wir jederzeit in ein Gespräch mit Gott eintreten. Begegnungen mit anderen Glaubenden oder Suchenden und der Austausch über die persönlichen Glaubenserfahrungen sind ein ganz wichtiger Faktor auf dem spirituellen Weg. Vor allem ist natürlich die Bibel ein "Gesprächsangebot Gottes", das nicht nur von Gott spricht, sondern auch Gottes Fragen an uns enthält. Man merkt dem Buch in sehr gelungener Weise an, dass es auf der Basis vieler Gespräche entstanden ist und so viele mögliche Einwände und Nachfragen bereits mit in die Darlegung hineinnimmt. Es will v.a. dazu einladen und ermutigen, die Frage nach Gott einfach zu stellen. Und dadurch kann es für sehr viele Menschen interessant sein.

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Eine Sache des Vertrauens

Eine Sache des Vertrauens

Nils Petrat
Bonifatius (2021)

191 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606228
ISBN 978-3-89710-892-9
9783897108929
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Oktober

Das Große im Kleinen

Für Eltern, die mit ihren Kindern beten möchten, aber nicht genau wissen, wie das geht, hat Andrea Langenbacher dieses Buch geschrieben. Sie regt ihre Leser:innen an, über ihre eigenen Gebetserfahrungen nachzudenken und sich von Gottesbildern zu Das Große im Kleinen verabschieden, die nicht mehr als tragfähig empfunden werden. Dann beschreibt sie, wie beten "geht" und stellt Gebete zu verschiedenen Anlässen vor, sowohl eher traditionelle als auch moderne. - Fundament all ihrer Gedanken ist der Anspruch, Gott, die Kinder und die Eltern unbedingt ernst zu nehmen. Dazu gehört, Gott nicht als "lieben Gott" zu verniedlichen und ihn zu einer "Wunschmaschine" zu machen. Aus ihrer Sicht gehört zu einer tragfähigen Gottesbeziehung, Gott auch Wut, Schmerz, Zweifel und Unverständnis zuzumuten über das, was in dieser Welt im Kleinen wie im Großen passiert. Statt Gott nach dem Motto „lieber Gott, mach ...“ einen Wunschzettel zu übermitteln, wirbt sie dafür, Gott sein Herz auszuschütten, zu klagen, Ängste im Gebet auszudrücken, ohne das mit einer Handlungsaufforderung zu verbinden. Auf diese Weise wachsen Kinder "in eine Gottesbeziehung hinein, die aushält, dass das Göttliche uns zwar zugewandt, aber immer auch unbegreiflich bleiben wird. Und das ist eine Gottesbeziehung, mit der Kinder erwachsen werden können." - Mit diesem Buch bietet Andrea Langenbacher Eltern eine hervorragende Orientierung für einen (Wieder-) Einstieg ins Gebetsleben. Parallel dazu hat sie auch ein Buch mit Gebeten für Kinder unter dem Titel "Die ganze Welt und noch viel mehr" veröffentlicht. Sie pflegt einen Stil auf Augenhöhe mit den Leser:innen und schreibt, wie sie betont, als "suchende, experimentierende Mutter, die mit ihrer Familie selbst auf dem Weg ist". Ihre theologische Ausbildung sorgt dabei für sicheren Tritt, sodass man sich ihr bei dieser Wanderung gerne anschließen mag.

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Das Große im Kleinen

Das Große im Kleinen

Andrea Langenbacher
Gütersloher Verlagshaus (2021)

126 Seiten
kt.

MedienNr.: 605975
ISBN 978-3-579-07167-1
9783579071671
ca. 10,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Pä, Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


September

Jesus nachfolgen

Am 21. September jährt sich der Todestag von Henri Nouwen bereits zum 25. Mal – dennoch sind viele seiner Bücher nach wie vor lieferbar, der zu Lebzeiten sehr bekannte und vielgelesene Autor spiritueller Literatur ist nach wie vor gefragt und ungebrochen Jesus nachfolgen aktuell. Keine Neuauflage, sondern tatsächlich ein neues, also bisher unveröffentlichtes Buch ist das jetzt im Neufeld Verlag erschienene "Jesus nachfolgen", herausgegeben von Gabrielle Earnshaw. Die langjährige Archivarin des Henri Nouwen Archivs hat dafür sechs Vorträge, die Nouwen 1985 in den USA gehalten hatte, von Tonbändern transkribiert. Nouwen befand sich zu diesem Zeitpunkt vor einer Wegscheide, er war mit seinem Leben trotz seiner sehr erfolgreichen akademischen Karriere als Harvard-Professor unzufrieden und überlegte auch für sich ganz persönlich, was es bedeute, Jesus nachzufolgen - einige Monate später traf er die Entscheidung, seine Professur aufzugeben und als Seelsorger in der Arche-Gemeinschaft in Toronto zu arbeiten, in der Menschen mit und ohne geistige Einschränkungen gemeinsam leben. Die Texte sind also weit davon entfernt, rein theoretische Überlegungen wiederzugeben, sie beziehen sich ganz auf letztlich unausweichliche lebenspraktische Fragestellungen. So beginnt der erste Vortrag auch sehr direkt mit der Frage: "Folgen Sie Jesus nach?" Dieser herausfordernden Frage folgt aber gleich das Eingeständnis des Autors, das von sich selbst nicht behaupten zu können. Nouwen macht niemandem einen Vorwurf, Jesus nicht oder zumindest nicht entschlossen genug nachzufolgen - er zeigt vielmehr auf, dass unser Leben nur deswegen oft so ermüdend oder langweilig ist, weil wir ihm nicht das richtige Ziel und keine Richtung geben, weshalb er sich darum bemühe, "uns vom rastlosen Herumwandern weg und zum frohen Nachfolgen hinzuführen". Warum überhören wir aber die Stimme, die uns zur Nachfolge aufruft, so oft? Weil diese Stimme sehr zart und leise ist, denn sie will sich niemandem aufdrängen, "es ist eine Stimme der Liebe, und die Liebe drängt nicht und zieht nicht mit Gewalt". Nouwen macht darauf aufmerksam, dass der Aufforderung zur Nachfolge zunächst auch eine Einladung vorausgeht: Kommt und seht, antwortet Jesus auf die Frage der ersten Jünger: Wo wohnst du? Wir sind also zunächst eingeladen, "ins Haus Gottes zu kommen", uns umzusehen und "in der Familie Gottes zu wohnen". Was uns meist daran hindert, dieser Einladung zu folgen, sind für Henri Nouwen unsere Ängste. Die Angst, etwas zu verlieren, die Angst, zu kurz zu kommen, gegenüber anderen benachteiligt zu sein. Die Aufforderung, Jesus nachzufolgen, fordert darum vor allem dazu auf, die Ängste loszulassen und sich Gott anzuvertrauen. "Im geistlichen Leben geht es nicht darum, etwas aufzugeben, sondern in erster Linie darum, alle Ängste abzustreifen." Das ist natürlich nicht leicht, und Nouwen ermutigt darum mehrfach dazu, auf die kleinen Schritte zu vertrauen. Dann kann man sogar Herausforderungen wie die Feindesliebe immer mehr verwirklichen. Nouwen verschweigt nicht, dass ein solches Leben in der Nachfolge Christi allerdings auch "seinen Preis" hat: Jesus nachzufolgen bedeutet schließlich auch, täglich sein Kreuz auf sich zu nehmen. Das heißt aber nun nicht, dass unser Leben dadurch schwerer und schmerzvoller würde, im Gegenteil: Wir sind eingeladen, unser Leid mit seinem Leid zu verbinden und es dadurch neu zu sehen, als umfangen von Gottes Liebe. Und das führt zu einer tiefen und dauerhaften Freude. Nouwen entwickelt diese Überlegungen in jederzeit gut nachvollziehbarer Weise, seine Sprache ist klar und einfach und vermag nahezu alle Leserinnen und Leser anzusprechen. Auch dieses 25 Jahre nach seinem Tod erschienene Buch wird so zu einem für viele hilfreichen und ermutigenden Vermächtnis des großen geistlichen Autors. (Religiöses Buch des Monats September)

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Jesus nachfolgen

Jesus nachfolgen

Henri J.M. Nouwen ; aus dem Englischen übersetzt von Bernardin Schellenberger
Neufeld Verlag (2021)

157 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606181
ISBN 978-3-86256-162-9
9783862561629
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


August

Das Flüstern Gottes

Stille: Am frühen Sonntagmorgen vor der Haustür. Am Meer, wenn nur Wind, Möwen und Wellen zu hören sind. In einer leeren Kirche. - Stille erlebte der belgische Journalist und Schriftsteller Freddy Derwahl in seiner Kindheit und Jugend in den Wäldern Das Flüstern Gottes rund um seine Heimatstadt Eupen. Als er bei Hemingway las, Wälder seien "Gottes erste Kirchen", fühlte er sich verstanden. Für ihn waren und sind Wälder voller Gottesspuren: die Stämme der Buchen wie Säulen gotischer Kathedralen, das Spiel der Sonne im Blattwerk wie das Leuchten vor dem Allerheiligsten, die Stille. - In "Das Flüstern Gottes" erzählt er sehr persönlich, wie die Erfahrungen aus den Wäldern rund um Eupen seinen Lebens- und Glaubensweg beeinflusst haben. Mit 14 wollte er in die Abtei Mariawald in der Eifel eintreten, weil ihn die Aussage eines Trappisten fasziniert hatte, warum er die Entbehrungen dieses Lebens auf sich nehme: "Gott allein" sei Grund genug. - Aus dem Eintritt ins Kloster wurde nichts, doch die Faszination "Gott allein" begleitet ihn seitdem. Statt Mönch zu werden, besuchte er Klöster, Einsiedeleien und heilige Orte, sprach mit Mönchen und Nonnen und schrieb darüber. Von diesen Begegnungen erzählen auch die Kapitel dieses Buches. Sie schildern die Faszination eines ganz auf Gott ausgerichteten Lebens und wecken beim Lesen die drängende Sehnsucht, in die Stille einzutauchen, das "vielleicht größte Sakrament", wie es eine Schwester aus dem protestantischen Kloster Pomeyrol in der Provence formuliert. - Doch wecken diese Erzählungen von religiösen Hochleistungssportlern auch Skepsis. Was hat ihr Leben mit dem gewöhnlicher Christen zu tun, die zwischen Familie und Arbeit ihren Glauben leben und Gott suchen? In deren Leben Stille oft genug eine Sehnsucht bleibt - und gleichzeitig schwer auszuhalten ist? - Freddy Derwahl fängt diese Skepsis auf, indem er seine eigenen Erfahrungen in diese Texte einschreibt und dadurch seine Leser/-innen auf den Geschmack bringt, sie ermutigt, der Stille einen Platz einzuräumen und darin auf das Flüstern Gottes zu horchen. Zum Beispiel im Urlaub beim Besuch einer Kirche, beim Spaziergang am Meer oder in den Bergen. Man muss es immer wieder tun, üben wie Klavierspiel oder Fußball. (Religiöses Buch des Monats August)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Das Flüstern Gottes

Das Flüstern Gottes

Freddy Derwahl
Bonifatius (2021)

208 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 606229
ISBN 978-3-89710-889-9
9783897108899
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Juli

Kopfsalat mit Herz

Bei der Gartenarbeit stößt die Autorin auf Parallelen im religiös-spirituellen Bereich, die sich in einer Schriftstelle, einem Gedicht oder einem Zitat gut zusammenfassen lassen; und ganz ohne große theologische Belehrungen führt die vorgetragene Kopfsalat mit Herz eigene Einsicht weiter zu Impulsfragen, die sich durch das Gartenerlebnis fast wie von selbst ergeben und die wohl jeden Menschen zum Nachdenken über sein Leben bringen können. Z.B. erinnern die Schneeglöckchen, die zu Jahresbeginn noch mitten in Schnee und Eis zum Vorschein kommen, die Autorin an das Wort des Propheten Jesaja: "Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?" Genau das zeigt sich hier im Garten: Noch im Winterfrost lässt Gott bereits neues Leben entstehen, wir übersehen es nur sehr leicht… Und dabei bringen keineswegs nur die Gartenfreuden spirituelle Früchte - so beeindruckt z.B. der eigentlich verhasste Giersch, der so schwer zu bekämpfen ist, gerade durch seine Hartnäckigkeit und seine weit verzweigten Wurzeln - und bringt so zum Nachsinnen über die Bedeutung der eigenen Wurzeln, aus denen man lebt und von denen man getragen ist. Gartenfreunde werden durch diese Ausführungen ihren Garten vielleicht auf einmal mit ganz neuen Augen sehen. Und wer keinen Garten hat? Dem ist es zum einen natürlich möglich, in öffentlichen Parkanlagen oder im Wald mit einer gewissen Achtsamkeit für die Wunder der Natur spazierenzugehen und ähnliche Erfahrungen zu machen. Zum anderen lädt aber das Gartenbuch durch die kluge Vorgehensweise, sich durch die beschriebenen Erlebnisse v.a. zu Fragen anregen zu lassen, auch dazu ein, in ähnlichen Alltagsbereichen selbst öfters einmal Fragen zu stellen und vergleichbare Erfahrungsmöglichkeiten zu entdecken. Insofern weist dieses mit einigen Pflanzenfotos schön illustrierte Buch auch durchaus über den Gartenbereich und dessen spirituelle Dimension hinaus und ist im Grunde für alle Leser/innen interessant und gewinnbringend. (Religiöses Buch des Monats Juli)

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Kopfsalat mit Herz

Kopfsalat mit Herz

Elisabeth Rathgeb
Tyrolia-Verlag (2021)

107 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 975293
ISBN 978-3-7022-3925-1
9783702239251
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re, Pr
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Juni

noch knapper

Gedichte verdichten Wirklichkeit und fördern zu Tage, was über das Vordergründige, Beweisbare, Offensichtliche hinaus ist. Mit Gedichten lassen sich Zusammenhänge ausdrücken, die sich der Alltags- und Wissenschaftssprache entziehen. Andreas Knapp noch knapper bringt auf diese Weise Gott und Mensch, Schöpfung und Evolution ins Gespräch. In 99 Miniatur-Gedichten schlägt er einen Bogen vom "Urknall" ("Noch aber gab es kein Ohr / das vom Urknall hätte ertauben können.") zur Vollendung des Kosmos ("Nein! / Am Ende aller Lichtjahre / erdröhnt kein Knall, / ertönt vielmehr / die Symphonie / einer neuen Welt."). - Dazwischen staunt er über die Evolution, die so eine komplexe Struktur wie das Gehirn hervorgebracht hat, findet Worte für die Kehrseite des menschlichen Wissensdurstes und für die Paradoxien, die Menschen in der Welt aushalten müssen. - Der fragende und denkende Mensch fragt sich, ob die Welt Chiffren birgt "eines verborgenen Sinns / der entziffert werden kann." - Von der Sinnfrage ist es für Knapp nicht weit zur Frage nach Gott, über den er schreibt: "Gott als Liebender / sucht seinesgleichen.", – und darin den tiefsten Sinn des "Unternehmens Urknall" erahnt. - Wer als Christ über Gott und die Menschen nachdenkt, kommt an Jesus Christus nicht vorbei. In Jesus habe Gott sich seinen "Wunschtraum vom Menschen erfüllt"; Christus sei „Gottes Kuss / mit dem der Unfassliche / allen Raum und jede Zeit / und die gesamte Menschenkette / umfassend liebkost." - Andreas Knapp ist Priester in der Ordensgemeinschaft der "Kleinen Brüder vom Evangelium" und lebt zurzeit in Leipzig. Seine Gedichte öffnen Denkräume und schenken Hoffnung in einer Zeit, in der sich die Kirche viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und der Glaube in eine tiefe Krise geraten ist. Sie sind eine Einladung, über die Welt zu staunen und den Blick über den Alltag und das auf der Hand Liegende hinaus zu weiten. (Religiöses Buch des Monats Juni)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

noch knapper

noch knapper

Andreas Knapp
echter (2021)

105 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 603745
ISBN 978-3-429-05608-7
9783429056087
ca. 12,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Mai

Haltestellen für die Seele

Erzabt Wolfgang Öxler bietet 14 thematische "Haltestellen" an, die Grunderfahrungen unseres Lebens aufgreifen und im Licht des Glaubens richtig einzuordnen helfen. Es sind Betrachtungen, von großformatigen Farbfotos begleitet, die sich jeweils durch Haltestellen für die Seele aufeinander bezogene Begriffspaare umschreiben lassen: von "Sehnsucht & Aufbruch" über "Suchen & Verzweifeln", "Hindernisse & Brücken" bis hin zu "Gottesvoll - den Menschen nah". Die Betrachtungen des Benediktinerabtes gehen aus von alltäglichen Lebenserfahrungen, von Gedichten oder Geschichten, Liedtexten, Zitaten berühmter Menschen, Weisheitstexten aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen, biblischen Texten oder Psalmen, religiösen Überlegungen, oft auch aus der Ordensregel des hl. Benedikt. Nicht selten enden sie auch mit einem kurzen Gebet, in dem alles zusammengefasst und vor Gott getragen wird. Der Autor gibt auch viele bewährte Ratschläge zur praktischen Umsetzung der vorgestellten Einsichten - aber im Unterschied zu vielen sog. Lebenshilfe-Ratgebern nicht als zu bewältigende Aufgaben oder als Patentrezepte, mit deren Hilfe es nur an uns läge, ob unser Leben gelänge. Vielmehr weist er immer wieder darauf hin, dass wir selbst gerade nicht das Glück unseres Lebens bewerkstelligen können, dieses vielmehr als Geschenk aus Gottes freier Liebe zu uns empfangen dürfen. - Die bewusst kurz gehaltenen Texte überfordern niemand. Die begleitenden großformatigen Farbfotos vermitteln die jeweils passende Stimmung und bringen menschliche Grunderfahrungen bildhaft zum Ausdruck: Weite und Schönheit der Schöpfung, Licht und Dunkel, Nebel oder Wolken und Klarheit... - Insgesamt ist es ein in jeder Hinsicht wunderschöner Band, der viele Menschen anzusprechen vermag, weltanschaulich oder religiös Suchende ebenso wie spirituell schon Erfahrene, und der dazu einlädt, das schöne Buch immer wieder in die Hand zu nehmen und daraus Kraft und Ermutigung für den eigenen Lebensweg zu schöpfen. (Religiöses Buch des Monats Mai)

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Haltestellen für die Seele

Haltestellen für die Seele

Wolfgang Öxler ; Andrea Göppel
Herder (2021)

180 Seiten : zahlreiche Illustrationen (farbig)
fest geb.

MedienNr.: 605115
ISBN 978-3-451-03279-0
9783451032790
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


April

Was fehlt, wenn die Christen fehlen?

"Christsein ist eine Ressource für positive, gelingende Existenz", übersetzt der Bochumer Theologe Matthias Sellman das berühmte Wort vom "Leben in Fülle" aus dem Johannesevangelium in eine säkulare Sprache. In einer Zeit, in der selbst Bischöfe Was fehlt, wenn die Christen fehlen? den "armseligen" Zustand der Kirche beklagen und ihre Glaubwürdigkeit im freien Fall sehen (Bischof Michael Gerber, Fulda), ist das eine ungemein wichtige Erinnerung an das, was Christsein ausmacht. - Sellmann versucht in diesem Buch, Christsein so auf den Punkt zu bringen, dass für Christen und Nicht-Christen deutlich wird, welche Lücke das Christentum hinterlassen würde, wenn es verschwindet. Dreh- und Angelpunkt für seinen Gedankengang ist die "Lebensleistung", die jeder Mensch erbringen müsse. Damit meint Sellmann, dass jeder Mensch vor Aufgaben steht, die er zu bewältigen hat: Erwachsen werden, einen Beruf ergreifen, eine*n Partner*in finden, mit Schicksalsschlägen klarkommen usw. Dabei sind alle Menschen auf Hilfe angewiesen; niemand kann das allein. Das Christentum kann eine solche Hilfe sein, weil es wichtige Kompetenzen dafür vermittelt. - Die Kurzformel, die Sellmann für die Lebensweisheit Christentum ausgebrütet hat, hört sich beim ersten Lesen etwas sperrig an: "Christsein ist eine bestimmte, nämlich geistliche Form von Klugheit (phronesis). Diese Klugheit motiviert zu drei Kompetenzen, die sich im Vollzug dauernd wechselseitig ergänzen: immer weniger wegrennen (physis); aus sich herauskommen (kenosis); Kraft von außen aufnehmen (dynamis)." - Da ist - für die meisten Christen ganz ungewohnt - weder von Jesus die Rede noch von anderen Kernpunkten des christlichen Glaubens, die Insidern wichtig sind. Und doch sind sie alle darin enthalten, denn die Kurzformel basiert auf einer Passage aus dem Brief an die Philipper (Phil 2, 5-11: "Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest ..."). Daher stammen auch die griechischen Worte, auf die Sellmann - mit guten Gründen - nicht verzichten möchte. Dennoch: Für das Verständnis des Buches sind Griechischkenntnisse nicht erforderlich. Sellmann illustriert sie außerdem am Beispiel dreier Persönlichkeiten des 20. Jh.: Dietrich Bonhoeffer, Chiara Lubich und Madeleine Dêlbrel. - Und weil das gedruckte Wort heute allein nicht ausreicht, hat Sellman mit dem Bochumer Zentrum für angewandte Pastoral die Kurzformel in Musik gefasst, eine Talkshow dazu produziert (beides auf youtube) und - tatsächlich! - Düfte entwerfen lassen. Die dem Buch beiliegende Karte duftet z.B. nach geistlicher Klugheit. Sie werden überrascht sein, wie frisch das riecht! - Es sei nicht verschwiegen, dass die Lektüre eine gewisse Anstrengungsbereitschaft verlangt. Denn die Sprache schillert zwischen dem lockeren Stil eines Blogs und der Sprache eines Menschen, der leidenschaftlich Theologe und Sozialwissenschaftler ist. Das sollte aber niemanden davon abhalten, sich in das Buch zu vertiefen, denn es trägt dazu bei, das Wesentliches des Christseins nicht aus den Augen zu verlieren. Vielleicht inspiriert die Sellmannsche Kurzformel ja Leser*innen dazu, ihre eigene Formel zu entwickeln. (Religiöses Buch des Monats April)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Was fehlt, wenn die Christen fehlen?

Was fehlt, wenn die Christen fehlen?

Matthias Sellmann
echter (2020)

128 Seiten
kt.

MedienNr.: 602029
ISBN 978-3-429-05559-2
9783429055592
ca. 9,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


März

Damit sich alles gut fügt

Der bekannte österreichische Autor geht in seinem neuen Buch auf einige der "Lebensfragen" ein, die ihm als langjährigem Seelsorger immer wieder gestellt wurden, z.B.: Was ist im Leben wesentlich? Was hilft mir, die Angst zu überwinden? Was kann Damit sich alles gut fügt ich gegen meine Einsamkeit tun? Warum soll ich mein Lebensende nicht selbst bestimmen? Die Antworten, die der Autor vorschlägt, sind keine Ergebnisse rein theoretischer Überlegungen, vielmehr entspringen sie großteils aus einer Reihe von konkreten Begegnungen des Seelsorgers mit kranken, alten oder von Schicksalsschlägen getroffenen Menschen und auch mit Sterbenden, sie arbeiten mehr mit lebenspraktischen Beispielserfahrungen als mit theologischen Argumenten - und vermögen gerade dadurch zu überzeugen. Es sind wirklich lebenskluge Ratschläge, die aber immer über das bloß Weltliche hinausgehen und darauf verweisen, dass die einzig wirklich befreiende und dem Menschen genügende Antwort in der vertrauensvollen Öffnung auf Gott und seine grenzenlose Liebe hin bestehen kann. Und weil wir von Gott grundsätzlich angenommen und geliebt sind, hat unser Leben immer schon einen Sinn und Wert, ganz unabhängig von unserem Tun und trotz all unserer Mängel. Wir dürfen darum am Ende, ist Elmar Simma überzeugt, auch "unfertig" sterben, den "ungelösten Rest dürfen wir ruhig Gott überlassen", der in seinem Erbarmen alles zum Guten fügen wird. Das auch schön gestaltete kleine Buch ermutigt seine Leser/-innen, sich den Lebensfragen auch zu stellen und sie nicht zu verdrängen, zum anderen aber auch zu hoffnungsvollen Lebensantworten. Und schließlich ermutigt es auch angesichts von Älterwerden und Tod, dieses unvermeidliche Lebensschicksal gelassen und dankbar anzunehmen und voll Zuversicht und ohne Versagensangst einem liebenden Gott entgegenzugehen. Man kann sich nur wünschen, dass ganz viele Leser/innen dieses Trost und Hoffnung vermittelnde Buch für sich entdecken werden! (Religiöses Buch des Monats März)

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Damit sich alles gut fügt

Damit sich alles gut fügt

Elmar Simma
Tyrolia-Verlag (2021)

173 Seiten : Illustrationen (farbig)
fest geb.

MedienNr.: 976422
ISBN 978-3-7022-3927-5
9783702239275
ca. 15,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Februar

Keine Bibel

Wer schon einmal versucht hat, die Bibel ganz zu lesen - von "Im Anfang schuf", den ersten Worten des Buches Genesis, bis zu "Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen", dem letzten Satz der christlichen Bibel aus der Offenbarung des Johannes, wer also Keine Bibel schon einmal versucht hat, die Bibel von vorne bis hinten zu lesen, weiß, wie schwierig das sein kann - und wie spannend gleichzeitig. Viele ihrer Texte - ein "Durcheinander aus Erzählung, Predigt, Gesetzestext, Dichtung, Stammbäumen", wie Christian Nürnberger sehr treffend aufzählt, sind ohne eine Art Reiseführer kaum zu verstehen. Wieso gibt es zwei Schöpfungserzählungen? Was soll die Geschichte mit Isaaks Opferung? Und was ist von der Auferstehung Jesu zu halten? - "Keine Bibel" ist so ein Reiseführer. Der Journalist und Autor Christian Nürnberger erzählt darin wichtige Geschichten der Bibel in verständlicher, lebendiger Sprache nach und ordnet sie ein, sodass sie auch Menschen ohne theologische Bildung zugänglich werden. Und er macht den roten Faden sichtbar, der die Bibel von Anfang bis Ende durchzieht: Wie kann die Welt heil werden, obwohl der Mensch ist, wie er ist? Wie kann es gelingen, die Menschen zu einem solidarischen Leben zu bewegen - sowohl untereinander als auch in der Welt, deren Teil sie doch sind? - Von anderen Einführungen in die Bibel unterscheidet sich dieses Buch, weil es nicht den Anspruch hat, die wissenschaftlichen Diskussionen zu den einzelnen Passagen zu präsentieren. Nürnberger geht es vielmehr darum, die Geschichten selbst wieder bekannt zu machen: Klassiker wie die Schöpfungserzählungen, Adam und Eva oder Mose und der Befreiungskampf der Israeliten, aber auch ein Überblick über die prophetischen Texte des Alten Testaments. Dann natürlich die Evangelien und die Briefe des Paulus und dazu die Offenbarung des Johannes. - Unterbrochen wird der Erzählfluss durch "Zwischenrufe" und "Zwischenfragen", die Einwände aufgreifen, die sich heutigen Leser/-innen aufdrängen könnten: Wer soll das glauben? Muss man die Bibel wörtlich nehmen? - All das auf nur wenig mehr als 200 Seiten zu präsentieren, ist ein Wagnis. Und es ist gelungen! Nürnberger zeigt, dass die biblischen Geschichten alles andere als out sind. Sie bilden - das ist ihm sehr wichtig - die älteste Wurzel des Humanismus, sind also nicht nur für Christen und Juden von entscheidender Bedeutung, sondern für die ganze europäische Kultur. - Mit großer Sorgfalt bringt Christian Nürnberger neugierigen und zweifelnden Menschen, denen, die religiös musikalisch sind, und gerade denen, die es nicht sind, Jugendlichen und Erwachsenen einige der wichtigsten Texte der Bibel nahe. Er fasst ihren Gehalt in acht Botschaften zusammen, auf die sich "eigentlich alle einigen können müssten, Juden, Christen und Muslime genauso wie Atheisten und Agnostiker". Und er zeigt, was Glauben biblisch verstanden heißt. Am besten, Sie fangen gleich an zu lesen. (Religiöses Buch des Monats Februar)

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Keine Bibel

Keine Bibel

Christian Nürnberger
Gabriel (2020)

235 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 602590
ISBN 978-3-522-30541-9
9783522305419
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
Diesen Titel bei der ekz kaufen.

Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats


Januar 2021

Was sucht ihr?

"Kommt und folgt mir nach!" Mit dieser sehr direkten, kaum eine Widerrede zulassenden Aufforderung beruft Jesus seine ersten Jünger in den Evangelien des Markus und des Matthäus. Auffallend anders wird die Jünger-Berufung jedoch im Evangelium nach Was sucht ihr? Johannes geschildert. Dort wendet sich Jesus den zwei Jüngern des Täufers Johannes, die von diesem an Jesus verwiesen werden, nicht mit einer Aufforderung, vielmehr mit einer Frage zu: "Was sucht ihr?" Diese nur auf den ersten Blick einfache, in Wahrheit aber sehr tiefgründige Frage richtet sich für Abt Johannes Eckert nicht nur an die ersten Jünger Jesu, sondern ebenso an uns selbst. Schon den ersten Menschen hatte Gott im Buch Genesis gefragt: "Adam, wo bist du?" Gott hat also ein Interesse am Menschen, wir sind ihm nicht gleichgültig, sondern seiner Fragen würdig, eingeladen, in einen Dialog mit Gott zu treten. Dass einem Menschen in seinem Leben umgekehrt auch Gott und der religiöse Glaube immer wieder fragwürdig werden können, wendet der Autor dabei durchaus ins Positive - denn nur was wirklich Bedeutung hat, ist eben auch frag-würdig, ist es also wert, als Frage gestellt und vielleicht sogar ein Leben lang als Frage offengehalten zu werden. - So ist der Münchner Benediktinerabt, der auch schon Bücher über bestimmte Aspekte der Evangelien nach Lukas, Matthäus und Markus verfasst hat, für sein neues Buch elf Fragen nachgegangen, die Jesus im Johannes-Evangelium den Menschen, denen er begegnet, stellt – um diese Fragen dann auch auf unser je eigenes Leben zu beziehen. In den elf Kapiteln wird nach einer Vorstellung der entsprechenden Bibelszene vor ihrem Hintergrund in einem ersten Teil jeweils die Frage vertieft und auf uns bezogen; in einem zweiten Teil wird dann gezeigt, wie sich diese Frage für uns "leben" lässt, d.h. wie die Suche nach einer Antwort oder auch das Offenhalten dieser Frage unsere Art zu leben beeinflussen kann oder vielleicht auch sollte. - Wenn Jesus zum Beispiel den Gelähmten, der am Teich Betesda liegt, fragt: "Willst du gesund werden?", scheint das auf den ersten Blick eine völlig überflüssige Frage zu sein, tatsächlich kann man aber daran ablesen, dass Jesus sich von sich aus, ohne dass er darum gebeten wurde, dem Leidenden zuwendet und ihm eine Heilung seines Leidens anbietet - diese aber nicht ohne dessen Zustimmung gleichsam aufzwingt und sogar nicht gänzlich ohne sein Mitwirken vollziehen will. Losgelöst von einer konkreten Krankheit gilt diese Frage sicherlich auch uns: Wollen wir uns überhaupt von Jesus "heilen" lassen, und sind wir dabei auch zur selbstverantwortlichen Mitwirkung bereit? Erstaunlich aktuell klingt etwa auch Jesu Frage an die Zwölf, als sich viele Jünger von ihm abwenden: "Wollt auch ihr weggehen?" Eine Frage, die in jedem Fall aufzeigt, wie sehr Gott uns immer unsere Freiheit lässt, sich für oder auch gegen ihn zu entscheiden. Ganz zum Schluss des Johannes-Evangeliums muss sich schließlich Petrus, der Jesus bei seiner Passion dreimal verleugnet hatte, der alles entscheidenden Frage Jesu stellen, und zwar ebenfalls dreimal: "Liebst du mich?" - Es ist wirklich erstaunlich, wie leicht sich diese und weitere Fragen, die Jesus im Johannesevangelium ja ganz konkreten Personen in ihrer jeweiligen Situation stellt, ohne weiteres auch auf unser eigenes Leben übertragen lassen. Das zeigt, dass es sich dabei eben um wirkliche Lebensfragen handelt, Fragen, denen man im Lauf seines Lebens letztlich nicht ausweichen kann und die sich im Lauf eines Lebens auch immer wieder stellen werden, weil sie nicht so leicht und in der Regel auch nicht ein für alle Mal beantwortet werden können oder als Antwort eine permanente Umsetzung im Leben einfordern. Diese "Fragen auszuhalten und um Antworten zu ringen", dazu ermutigt das schöne, in vielfacher Hinsicht zum Nachdenken anregende Buch von Abt Johannes Eckert jedenfalls in sehr gelungener Weise. (Religiöses Buch des Monats Januar)

Thomas Steinherr

Thomas Steinherr

rezensiert für den Borromäusverein.

Was sucht ihr?

Was sucht ihr?

Johannes Eckert
Herder (2020)

205 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 601768
ISBN 978-3-451-39161-3
9783451391613
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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Auszeichnung: Religiöses Buch des Monats