Nadine

Nach einem dramatischen Beginn, in dem das ältere Ehepaar Nadine und Frank durch die Polizei mit dem Suizid ihrer erwachsenen Tochter Mizzi konfrontiert wird, entwickelt sich in zeitlichen, nicht chronologischen Sprüngen ein psychologisch fein ausgearbeitetes Nadine Bild der 51-jährigen Nadine. Von der Mutter mit 5 Jahren verlassen und ihren Vater mit ihrer schwierigen Persönlichkeit vor allem in der Pubertät überfordernd, findet sie Geborgenheit bei der am Rand der Gesellschaft stehenden Nachbarin. Nadine hat es schwer, soziale Kontakte zu knüpfen. Der Vater arrangiert eine Ausbildungsstelle in einer Anwaltskanzlei, wo sie den wesentlich älteren Frank kennenlernt. Die beiden heiraten und als Mizzi auf die Welt kommt, ist Nadine stolz auf ihr vorzeigbares, "normales" Leben mit Haus, Mann und Kind. Aber auch Mizzi ist ein schwieriges Kind und die Eltern sind den Herausforderungen kaum gewachsen. Eine Unbeschwertheit will sich in Nadines Leben nicht einstellen und jetzt, Anfang 50, muss sie sich um ihren pflegebedürftigen Vater kümmern, mit dem sie eine sympathielose Beziehung verbindet. Nadines Erinnerungen und ihre Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation geben tiefe Einblicke in ihr Empfinden und machen den psychischen Strudel, in dem sie sich befindet, nachvollziehbar. Selbst die Pandemie kann sie in ihrem Zustand nicht belasten: "Aber es ist ja schon passiert, das Schlimmste ist ja schon passiert." Eine Enthüllung ihres Arbeitgebers, die ihre verstorbene Tochter Mizzi betrifft, lässt ihren Zustand eskalieren und es kommt zur Katastrophe. Die Autorin Katrin Seddig wurde für ihre Romane (zul. "Sicherheitszone", BP/mp 21/167) mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Auch dieses Werk ist nachdrücklich empfehlenswert.

Gabriele Berberich

Gabriele Berberich

rezensiert für den Borromäusverein.

Nadine

Nadine

Katrin Seddig
Rowohlt Berlin (2023)

301 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 751462
ISBN 978-3-7371-0174-5
9783737101745
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.