Der Gang vor die Hunde
Bekannt wurde Erich Kästner vor allem durch seine erfolgreichen Kinderbücher ("Emil und die Detektive", "Das fliegende Klassenzimmer") doch mit der "Der Gang vor die Hunde" gelang dem Schriftsteller ein düsteres Werk für Erwachsene, das die Dekadenz und Groteske der Weimarer Republik ungeschönt entlarvt. Bereits 1931 erschien sein Sittenroman in einer stark verkürzten Version unter dem Titel "Fabian - Die Geschichte eines Moralisten". Nun ist das Buch erstmals in der Originalfassung erhältlich: Mit frechen Dialogen und schnellen Szenenwechseln erzählt Kästner die Geschichte des arbeitslosen Germanisten Dr. Jakob Fabian, der durch das Berliner Nachtleben streift und den Verfall von Sitten und Moral hautnah miterlebt. Fabians Erfahrungen zeigen eine Metropole, die sich in den Goldenen Zwanzigern sexuell aufgeladen hat und vom politischen Kampf zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten zerrissen ist. Obwohl der Verlag das Buch vor der Erstveröffentlichung maßgeblich entschärfen und sogar ein komplettes Kapitel streichen ließ, verteufelten es insbesondere rechtsradikale Kreise als obszön und dekadent. 80 Jahre später können sich die Leser nun endlich ein Bild von dem Berlin machen, wie es Kästner auch selbst erlebt hat. Sein Erzählstil sowie der Witz und die Ironie mit der Kästner den Zuständen in der Weimarer Republik begegnet, machen "Der Gang vor die Hunde" zu einem spannenden, aber auch nachdenklich stimmenden Lesevergnügen.
Tanja Bergold
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Gang vor die Hunde
Erich Kästner
Atrium-Verl. (2014)
313 S.
fest geb.