Außer uns spricht niemand über uns

Wilhelm Genazino ist vielleicht der schlimmste Scherzbold der deutschen Gegenwartsliteratur. Kein neues Buch ohne den grimmigen Humor über das vergebliche Streben nach Bedeutsamkeit, das seine Helden straucheln, aber nicht umkippen lässt. So ein Außer uns spricht niemand über uns komfortabel leidender Typ ist der Erzähler des soeben erschienenen Romans, der gerne nach dem Frühstück noch ein Nickerchen macht, von "schaurigen Blondinen in der Innenstadt" sein seelsorgerisches Temperament wecken lässt und ansonsten lustlos als Ansager von Modenschauen sein Geld verdient. Vergangenen Schauspielerzeiten sinnt er ohne Verbitterung hinterher. Seine Freundin Carola findet er gut im Bett, aber schlecht im Leben: eine ziemlich lausige Einstellung, die er noch schlimmer dadurch macht, als er, nach Trennung und Carolas Selbstmord, mit deren Mutter anbändelt. Mit bösem Witz durchleuchtet Genazino die Krämerseele des Bürgers, der von seinem Unglück weiß, aber es sich tüchtig mit dem Glück verscherzt. Empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Außer uns spricht niemand über uns

Außer uns spricht niemand über uns

Wilhelm Genazino
Hanser (2016)

154 S.
fest geb.

MedienNr.: 586519
ISBN 978-3-446-25273-8
9783446252738
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.