Wo noch Licht brennt
Gül ist eine einfache, gefühlvolle, nicht sehr gebildete Frau, die kaum Deutsch spricht. Sie kehrt nach acht Jahren in der Türkei wieder zu ihrem Mann nach Deutschland zurück und hofft, so ihren Kindern eine bessere Zukunft finanzieren zu können. Gül leidet unter der Trennung von ihrer Familie in der Türkei, denn nur eine ihrer beiden erwachsenen Töchter lebt mit ihrer Familie in Deutschland. Durch ihr Leben hier bekommt sie die Veränderungen in der Türkei nicht mit und wird deshalb auch dort zur Fremden. Der Höhepunkt eines jeden Jahres ist für Gül, wenn sich im Sommer die ganze Familie im Sommerhaus des Vaters in der Türkei trifft und alle wieder vereint sind. Daher werden der Tod ihres Vaters und der darauf folgende Streit um das Sommerhaus, über den die Großfamilie auseinanderbricht, zur Katastrophe für sie. - Im dritten Band der Trilogie (zul. "Heimstraße 52", BP/mp 11/637), der aus Güls Sicht erzählt wird, zeigt sich den Lesern/innen eine starke, familienorientierte Frau, die gezeichnet ist von Lebenserfahrung, von Melancholie, Trennung, Heimweh und manchmal Wut. Sie hat gelernt, vieles zu ertragen, und findet trotzdem einen Weg, das Positive im Leben zu sehen. Wenn sie sich einem Menschen öffnet, ist diese Beziehung geprägt von Anteilnahme und Warmherzigkeit. Der Roman gewährt den Lesern/innen einen tiefen Einblick in das Leben dieser Türkin, lässt sie intensiv mitfühlen und kann so der Fremdenfeindlichkeit entgegenwirken. Lesenswert.
Nicole Lorrig
rezensiert für den Borromäusverein.
Wo noch Licht brennt
Selim Özdogan
Haymon (2017)
342 S.
fest geb.