Wir gegen euch
Nach der Vergewaltigung der Tochter des Sportdirektors durch den Top-Spieler des Eishockeyclubs in Björnstadt (zul. "Kleine Stadt der großen Träume", BP/mp 18/117) ist die kleine fiktive nordschwedische Stadt tief gespalten. Jeder nimmt Stellung entweder für die Familie des Opfers oder für den vermeintlichen Täter. In den sozialen Medien tobt ein Shitstorm, an jedem Arbeitsplatz und in der Schule gibt es nur das eine Gesprächsthema. Da einige Spieler und auch der Trainer zum "Erbfeind" Hed wechseln, droht dem Björnstädter Club das Aus, zumal auch der Posten des Sportdirektors am seidenen Faden hängt. Wird es Björnstadt gelingen, wieder ein schlagkräftiges Eishockeyteam aufzubauen? - Für seine Björnstadt-Romane hat Fredrik Backman seine eigene Zeit im Eishockeyclub verarbeitet und sich von Gesprächen mit Spielern, Trainern, Managern, Eltern und Politikern inspirieren lassen. So entstand dieser Kollektivroman mit dem Eishockey als eigentlicher Hauptperson, in dem ein "Wir-Erzähler" aus einer rückblickenden Perspektive berichtet und kommentiert. Anhand einer Reihe von Einzelschicksalen wird vorgeführt, wie der Sport einerseits Identität und Gemeinschaft schafft und Jugendlichen Halt und Perspektiven bietet, andererseits vielen Familienmitgliedern Opfer abverlangt. Dieses komplexe Werk beinhaltet viel Gewalt, Ausgrenzung und Leid, am Ende überwiegt aber die Hoffnung. Es unterscheidet sich stark vom Roman "Ein Mann namens Ove" (BP/mp 14/941), in dem Backman seinem bizarren, herzerwärmenden Humor freien Lauf lässt. Zeitweise etwas hochtrabend, trotzdem empfehlenswert als facettenreiche Schilderung des Sports und dessen Bedeutung in der Gesellschaft, insbesondere in der Provinz.
Maria Holgersson
rezensiert für den Borromäusverein.
Wir gegen euch
Fredrik Backman ; aus dem Schwedischen von Antje Rieck-Blankenburg
Krüger (2019)
538 Seiten
fest geb.