Die im Schatten, die im Licht

Beginnend mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich werden die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von neun Frauen erzählt. Sie unterscheiden sich in Herkunft, Charakter, politischer Einstellung und Alter. Zu Beginn schockiert das Schicksal des jüdischen Mädchens Lotte, das in Linz plötzlich nicht mehr mit ihren Eltern ins Café darf und wenig später nach Shanghai übersiedeln muss, weil sowohl Laden und Geschäft verloren sind. Elsa erfährt, wie die Dorfbewohner, die sie als Frau des Pastors bisher immer geschätzt haben, sie plötzlich ausgrenzen und ihre Kinder gemieden werden. Verzweifelt täuscht sie ihren Selbstmord vor, um den Rest der Familie zu schützen. Resi, ihre Freundin, putzt seit jeher die herrschaftlichen Häuser in Aussee und nutzt ihr Wissen, das sie bei den "Großkopferten" aufschnappt, um den Widerständlern zu helfen, die sie auch mit Proviant unterstützt. Doch auch die Geschichte von Gretel, einer gelernten Näherin wird erzählt. Diese bekommt immer weniger Aufträge, weil die Kundschaft kein Geld mehr hat und wird schließlich zur Aufseherin, die ihre Tätigkeit sehr ernst nimmt und streng mit ihrem "humanen Material" umgeht. Auch die Schicksale von Francine, die sich in Paris die Liebe nicht verbieten lässt und Vera, deren Mann ständig im Visier der Gestapo ist, werden von Sabine Scholl mitreißend beleuchtet. Huberta, die ihre Privilegien als Geliebte von Hitlers Adjutanten schamlos ausnutzt, steht als Beispiel für die vermeintlichen Gewinner des dritten Reiches. - Sabine Scholl schafft mit ihren unterschiedlichen Frauenfiguren ein Kaleidoskop an Charakteren, die aufzeigen, wie die dunkle Zeit damals speziell für die weibliche Bevölkerung aussah. Vor allem in der heutigen Zeit wieder ein wichtiges Buch, um zu erkennen, wie schnell sich der Jetzt-Zustand ändern und in die Geschichte der Menschen eingreifen kann. Empfehlenswert für alle Bestände.