Leid
Leid gehört zum Leben, sagt die Psychotherapeutin Dr. Nady Mirian und plädiert für einen anderen Umgang mit Emotionen in schweren Lebensphasen. Sie kritisiert die sozialen Medien, deren Empfehlungen darauf hinauslaufen, Leid möglichst schnell loszuwerden. Das sei aber nicht die Lösung, meint sie. Niemand könne vorschreiben, wie oder wie lange man leiden darf. Mit Leid umzugehen, sei ein Tanz mit den Dämonen, ohne Leiden gäbe es keine Resilienz. Die Autorin verweist auf ihre persönlichen Krisen und nimmt Leiden in ihren umfassenden, theoretisch-sachlichen Blick, gestützt durch Studien und Aussagen verschiedener Fachleute. Vielleicht ist es der Begriff des Leidens an sich, der irritiert. Trauer, Leben mit Abschieden und Verlusterfahrungen implizieren Leid als einen Anteil, das wissen Trauerfachleute. Dieser Zusammenhang wird allerdings nur am Rande thematisiert. Für den Umgang mit Leid empfiehlt sie, am Modell zu lernen. Sie interviewt Menschen mit Leid-Erfahrungen, zum Beispiel Teresa Enke, die den Verlust ihres Mannes durch Suizid erleiden musste. Das Buch ist kein Ratgeber, kann aber ermutigen, zu seinem eigenen Leiden zu stehen, und anregen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Christiane Raeder
rezensiert für den Borromäusverein.
Leid
Nady Mirian
Kösel (2024)
208 Seiten
fest geb.
Auszeichnung: Sachbuch des Monats