Der Rückblick
Am Sonntag nach dem Fest des heiligen Karl Borromäus feierte der Borromäusverein mit den Katholischen Öffentlichen Büchereien und den diözesanen Fachstellen für Büchereiarbeit „100 Jahre Buchsonntag“.
560 Teilnehmende aus den 15 Mitgliedsdiözesen des Borromäusvereins sowie
Kooperationspartner, Dienstleister und weitere Gäste trafen sich am 9. November 2025 im alten Plenarsaal des Deutschen Bundestags in Bonn, um gemeinsam auf die Zukunft der katholischen Büchereiarbeit zu blicken, sich miteinander auszutauschen und zu feiern.
Die Vorsitzende des Borromäusvereins, Dr. Elisabeth Eicher, betonte in ihrer Begrüßung, die heutige Feier sei ein Dankeschön an die vielen ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Katholischen Öffentlichen Büchereien, für die Arbeit der diözesanen Fachstellen und die Geschäftsstelle des Borromäusvereins in Bonn, an die Kooperationspartner und Dienstleister, ohne die katholische Büchereiarbeit auf diesem hohen Niveau nicht möglich wäre.
Ein bedeutsames Datum
Dr. Eicher erinnerte auch daran, dass der diesjährige Buchsonntag mit dem 9. November auf ein überhaupt bedeutsames Datum für die deutsche Geschichte fällt: die Pogromnacht 1938 und auch der Fall der Berliner Mauer 1989. Gerade an solchen Wendepunkten der Geschichte werde deutlich, wie wichtig das Engagement der Katholischen Öffentlichen Büchereien ist, wenn sie Wertorientierung bieten und Orte für Austausch, Dialog und Demokratieförderung sind.
Schließlich dankte Dr. Eicher dem Vorbereitungsteam, in dem sich Mitarbeitende aus den Bistümern wie bewährt zu einer Projektgruppe zusammengefunden haben: Marion Hartmann aus dem Bistum Münster, Mechthild Dederichs aus dem Bistum Trier, Elke Wachner aus dem Erzbistum Köln und Thomas Oberholthaus aus dem Bistum Osnabrück.
Guido Schröer, Geschäftsführer des Borromäusvereins, verwies darauf, dass die Deutsche Bischofskonferenz vor 100 Jahren mit der Einführung des Buchsonntags schon früh die Bedeutung der katholischen Büchereiarbeit in den Pfarreien hervorgehoben und gewürdigt und deren finanzielle Unterstützung angemahnt hat.
100 - viel oder wenig?
Klaudia Bünning aus dem Bistum Limburg gestaltete einen geistlichen Impuls zum Tage, in dem sie auch darüber reflektierte, ob die Zahl „100“ nun eigentlich viel oder wenig bedeutet. Im Hinblick auf die katholische Büchereiarbeit ist für sie klar, dass 100 Jahre eine stolze Zahl ist, aber „da geht noch mehr“. Bünning stellte den Tag und die katholische Büchereiarbeit insgesamt unter Gottes Segen: „Gott sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen!“
Orte für Dialog und Austausch
Dr. Beate Gilles, Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, die von Andreas Mittrowann interviewt wurde, betonte, Katholische Öffentliche Büchereien seien Orte für Dialog und Austausch. Es brauche immer Mut, sich zu positionieren und für Demokratie einzustehen. Katholische Öffentliche Büchereien unterstützen Menschen aktiv darin, sich mit den Fragen und Problemen der Gegenwart auseinanderzusetzen. Sie sind ein Resonanzraum für das Christliche in unserer Gesellschaft, der hilft, in diesen Zeiten christlich und ethisch vertretbare Antworten auf drängende Probleme zu finden.
Der Erfolg der Katholischen Öffentlichen Büchereien braucht ehrenamtliches Engagement und natürlich auch Geld. Darum fördert der Verband der Diözesen Deutschlands die katholische Büchereiarbeit.
Die Werteorientierung bleibt
Prof. Siegfried Schmidt kam in seinem Grundsatzvortrag unter anderem darauf zu sprechen, dass das Medienangebot der KÖB auch heute an Werte gebunden bleibt: Büchereien treten ein für christliche Werte, für Menschenrechte, für die Bewahrung der Schöpfung und klären über bedenkliche gesellschaftliche Fehlentwicklungen auf. Prof. Schmidt erinnerte zudem an den verstorbenen Papst Franziskus, der in „Über die Bedeutung der Literatur in der Bildung“ den hohen Wert des Lesens von Literatur für die eigene Persönlichkeitsbildung herausgestellt hat.
Die Büchereien sind nach Schmidt ein niederschwelliges und offenes Angebot, eine Schnittstelle zwischen Kirche und Zivilgemeinde. Sie halten Antworten auf Glaubensfragen bereit; sie sind offen für Suchende und geben z.B. in Literaturgesprächskreisen Antworten auf Sinnfragen des Lebens. In der Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz „Katholische Büchereiarbeit – Selbstverständnis und Engagement“ werden sie unverzichtbare pastorale Orte der Kirche genannt.
KÖB sind Häfen des Vertrauens
Andreas Mittrowann, Inhaber der Strategieberatung nachvorndenken>, stellte den dänischen Wirkungskompass als ein Modell für die Zukunft vor. Mittrowann stellt fest: Katholische Öffentliche Büchereien haben ein besonders starkes Potenzial für genau das, was moderne Bibliotheken weltweit anstreben – sie schaffen Wirkung im Leben von Menschen. Sie sind Häfen des Vertrauens, Orte der Perspektive, Räume für Kreativität und Zentren gelebter Gemeinschaft.
Die katholische Büchereiarbeit hat Zukunft, weil sie künftig das noch stärker leben kann, was sie immer war: Ein Ort, an dem Menschen sich begegnen, Geschichten teilen und Gemeinschaft erleben. Oder, mit einem Bild aus dem dänischen Wirkungskompass gesprochen: KÖB sind ein Hafen, in dem Menschen ankommen – und von dem sie gestärkt in die Welt hinausgehen.
Geht da noch mehr?
In der Mittagspause wurden im Plenarsaal Filme zur Büchereiarbeit aus den Bistümern Münster und Paderborn gezeigt, im
Foyer lief eine virtuelle Ausstellung von Bücherei-Werbematerialien über die Jahrzehnte (Film als Download, 5 MB). Zudem wurde die medienprofile-Ausstellung präsentiert und die ekz war ebenso mit einem Stand vertreten.
Christoph Illigens machte durch sein Graphic Recording die Veranstaltung nachhaltig sichtbar.
Zum Gelingen der 100-Jahr-Feier trugen wesentlich auch das Improvisationstheater Impro Köln, das unter anderem in die Welt der Bücher eintauchte und das Publikum in ihre Show einbezog, und die Band „Wildes Holz“, die mit ihrem faszinierenden Instrumentenmix und eigenwilliger Musikinterpretation den Saal zum Beben brachte. Ohne Zugabe entließen die Feiernden „Wildes Holz“ keinesfalls aus dem Plenarsaal.
So ging ein schöner Tag zu Ende, wobei noch einmal an den geistlichen Impuls von Klaudia Bünning angeknüpft werden soll: 100 Jahre sind schon eine stolze Zahl, aber „da geht noch mehr!“
Guido Schröer