Die beste aller möglichen Welten

Was haben wir von Gottfried Wilhelm Leibniz? Michael Kempe, Forschungsleiter im Archiv der Leibniz-Bibliothek, hat einen originellen Weg gefunden, den Lesenden diesen vielleicht letzten deutschen Universalwissenschaftler nahezubringen. Er schlägt Die beste aller möglichen Welten Tage in seinem Lebenskalender auf und entwickelt entlang dieser Daten das faszinierende Bild eines Denkers, der nicht nur über die Zäune der Disziplinen sprang, sondern aus diesen kühnen Gedankensprüngen ein eigenes Denken zu entwickeln verstand, das bis heute viel zu sagen hat. In Paris beobachtet Kempe, wie der erkältete Leibniz 1675 das Integralzeichen erfindet. In einem kleinen Ort im Harz lässt er die Lesenden Zeugen werden, wie der Gelehrte 1686 für den Bergbau ein effektives Energiesystem aus Wind- und Wasserkraft ertüftelt. Der Biograf ist zur Stelle, wenn Leibniz 1696 als geheimer Justizrat in Hannover Salongespräche mit der Kurfürstin führt. In Berlin sehen die Lesenden 1703 Leibniz mit dem binären Rechensystem experimentieren und auf dem Papier eine binäre Rechenmaschine entwerfen: Meilensteine in eine digitale Zukunft. Leibniz hat die Wissenschaften im Verbund gedacht, hat die Metaphysik an die Mathematik gekoppelt, den Glauben - er selbst galt als „Glöwenix“ (Glaubenichts) - an die Vernunft und das Böse - in seiner Theodizee - an ein gutes Optimum gebunden; Kant meinte, er habe sich da herausvernünftelt. Dass jeder den Reichtum der Welt aber in sich trägt, ist der Hintersinn von Leibniz‘ Begriff der Monade, die kein Fenster hat, weil sie selbst eins ist: Selbstbild des Menschen, der optimistisch auf die Welt blickt, weil sie die beste sein kann. Wir müssen es nur wollen. Das können wir von Leibniz lernen. Michael Kempe präsentiert einen barocken Denker für unsere Zeit, der Kontraste statt Konstanten liebte, an den Widerständen seiner Zeit wuchs und im Negativen stets das Positive sah. Sehr empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Die beste aller möglichen Welten

Die beste aller möglichen Welten

Michael Kempe
S. Fischer (2022)

352 Seiten : Illustrationen
fest geb.

MedienNr.: 609161
ISBN 978-3-10-000027-9
9783100000279
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ph
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