Eine Dorfgeschichte

Die durch den Buchpreis 2006 ("Die Habenichtse": BP 06/755) bekannt gewordene Autorin stellt hier eine Ich-Erzählerin vor, die als nunmehr erwachsene Frau die Tage ihre Kindheit wieder aufleben lässt. Zusammen mit ihren beiden Brüdern verbrachte sie regelmäßig ihre Ferien in dem kleinen Dorf Breitenbuch am Rande des Odenwaldes. Entgegen dem Titel handelt es sich nicht um eine Geschichte im landläufigen Sinne mit einer stringenten Handlung. Mosaikartig werden vielmehr einzelne, nur lose durch die Chronologie und eine assoziative Choreografie zusammengehaltene Erinnerungspartikel aneinandergereiht. (Die Sinnhaftigkeit des regelmäßigen Wechsels von Normal- zu Kursivdruck erschließt sich nicht so recht.) Wenige Personen, meist seltsame, geheimnisvolle Gestalten, haben sich neben den engeren Verwandten den Kindern eingeprägt (der "Hinker", der blinde Orgelspieler, der dicke Jäger ...). Die Örtlichkeiten, die der Phantasie der drei Geschwister Nahrung geben (der finstere Vorratskeller, der Stall, der Speicher, das "Teufelsgrab" am Ortsrand ...), werden zu Orten des Rückzugs und des Abenteuers und die Tiere des Waldes erhalten fast wie im Märchen magische Bedeutung. So ist es nicht verwunderlich, dass der unheimliche Jäger sich am Ende selbst erhängt. Es ist eine unheitere, keinesfalls idyllische Kindheit, in die der Leser hier eintaucht und die ihm fremd erscheint, nicht nur, weil konsequent aus der begrenzten Perspektive des Kindes erzählt wird, das sich oft keinen Reim auf die Ereignisse und das seltsame Verhalten der Erwachsenen, z.B. der eigenen Großmutter, machen kann. Vage Andeutungen früherer Schuld erzeugen Angst und eine diffuse Melancholie. Alles ist in ein seltsam magisches Licht getaucht, vieles bleibt vage und geheimnisvoll. Atmosphärisch dichte, z.T. etwas manieriert wirkende Kindheitserinnerungen.