Reisen im Mittelalter
Der britische Historiker nimmt Leserinnen und Leser mit auf überaus interessante Reisen, die tiefe Einblicke in das Unterwegssein in fremden Ländern und darüber hinaus in das religiöse wie gesellschaftliche Leben im späten Mittelalter vermitteln. Basierend auf überlieferten Berichten von Pilgern, Mönchen, Rittern, Handelsreisenden... gestaltet er ein faszinierendes, fundiertes, farbiges, lebendiges und gut lesbares Panorama des ausgehenden Mittelalters. Dabei erfährt man, wie die meist langen Reisen im Allgemeinen abliefen, welche immensen Vorbereitungen - u.a. Routenplanung, Unterkünfte, finanzielle Abdeckung - notwendig, welche Schwierigkeiten bzw. Unwägbarkeiten zu berücksichtigen waren, welche Gefahren lauern könnten und wo man im Falle von Krankheit Hilfe erhalten würde. Detailliert und anschaulich schildert Bale die meist widrigen Zustände, die die Reisenden in den damaligen "Touristenhochburgen" vorfanden und es ist erstaunlich, wie sich z.T. bei Sehenswürdigkeiten, in Kirchen und Klöstern Parallelen zur Gegenwart finden lassen - und das nicht nur beim Besucheransturm, sondern auch bei amtlichen Maßnahmen. So quoll z.B. Venedig schon damals wegen der auf Schiffspassagen wartenden Menschen über, sodass strenge Kontrollen (Berechtigungsscheine, Gesundheitszeugnisse) durchgeführt und alle Reisenden registriert wurden. Auch die Weiterreise zu den angestrebten Zielen verlief nach festen Regeln. An diesem und an weiteren Beispielen wird deutlich, dass die Reisenden im Mittelalter keinesfalls zum Vergnügen unterwegs waren, sondern dass sie entweder religiöse Erfüllung suchten, nach Ruhm und Reichtum strebten oder auch aus Lust am Abenteuer jedes Risiko auf sich nahmen. - Ein etwas spezielles, aber interessantes Thema, für große Bestände empfehlenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Reisen im Mittelalter
Anthony Bale ; aus dem Englischen von Karin Hielscher
S. Fischer (2024)
479 Seiten : Illustrationen
fest geb.