Simone
Als Simone 1996 Selbstmord begeht, hat Reich das Gefühl, sich nicht genug um ihre Freundin gekümmert zu haben. Zwanzig Jahre später begibt sich die Journalistin deshalb auf Spurensuche. Sie erfährt mehr über das Leben Simones, deren Mutter aus
Tschechien stammt. Beide Eltern sind Ärzte, der Vater bringt es bis zum Offizier in der Volksarmee. Die Familie genießt somit eine Reihe von Privilegien. Dieser Umstand und ein liebevolles, aber auch strenges Elternhaus machen Simone zu schaffen. Dass ihre Freundin großen Wert auf Individualität legte, weiß Reich noch aus eigener Erfahrung, dass sie immer auf der Suche nach Grenzerfahrungen war, kommt durch die Recherche ans Licht. Mit Medikamenten versuchte Simone, ihre Ängste in den Griff zu bekommen. Doch weshalb sprang sie in den Tod? Depressionen könnten eine Antwort sein. Die Autorin spricht mit Familienangehörigen, mit Freundinnen und Freunden, wertet Simones Tagebuch aus, ihre Briefe und Fotos. Auf diese Weise zeichnet Reich das Leben einer jungen Frau in der DDR, die nicht nur mit persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, sondern auch mit einem autoritären politischen System und den Umbrüchen nach der Wende.
Walter Brunhuber
rezensiert für den Borromäusverein.

Simone
Anja Reich
aufbau (2023)
304 Seiten
fest geb.