Unter dem Baum des Vergessens

Im Jahr 2010 flog die in den USA lebende Schriftstellerin Alexandra Fuller nach Sambia, um ihre Eltern auf deren Fischfarm zu besuchen. Sie traf auf zwei Menschen, die nach einer Jahrzehnte währenden Odyssee quer über den afrikanischen Kontinent endlich am Ziel angekommen waren. Alexandra Fuller beschloss, ein Buch über das ereignisreiche Leben ihre Mutter Nicola zu schreiben, interviewte sie ausführlich und stellt die gewonnenen Erkenntnisse hier vor. Die in Schottland geborene Nicola Fuller hat seit ihrer Kindheit viel erlebt. Sie zog mit ihren Eltern nach Kenia und wuchs dort bei strenger Erziehung unter einfachen Bedingungen auf. Später heiratete sie ihren Mann Tim, mit dem sie ihr Glück auf vier Farmen versuchte, verlor drei ihrer fünf Kinder und litt zuletzt an Depressionen. Der Alltag wurde stets von der Uzi, dem Gewehr im Anschlag begleitet, da in Afrika oft bürgerkriegsähnliche Unruhen herrschten. Nicola Fuller widersetzte sich allen Widrigkeiten und kann nun endlich auf der Fischfarm in Sambia in Frieden leben. Das Buch zeugt von der widersprüchlichen Liebe, die die Tochter für ihre Mutter empfindet. Einerseits bewundert sie die mutige und tatkräftige Frau, die die zahlreichen Nackenschläge in ihrem Leben einfach weggesteckt hat und nie aufgab, andererseits sieht sie aber auch eine störrische mit Vorurteilen behaftete Frau, die zudem sehr distanziert ist und ihre Emotionen stets zu verbergen sucht. Für Alexandra Fuller als Autorin ist diese Ambivalenz eine wahre Fundgrube. Nach und nach lässt sie, unterstützt von einigen Schwarz-Weiß-Fotos, ein vielschichtiges Porträt einer Frau entstehen, die für ihre Zielstrebigkeit, die Durchsetzung ihrer Hoffnungen und Träume und ihre unerschöpfliche Liebe zur Weite der afrikanischen Landschaft einfach nur bewundert werden muss. - Gern empfohlen.