Der Fremde im Wald

USA, Ende 1999: Das ganze Land wartet ängstlich gespannt auf den Jahrtausendwechsel und rechnet mit Computer- und Flugzeugabstürzen. So auch der Schreiner Paul Phillips, dessen Leben bislang in geregelten Bahnen verläuft. Er ist mit der erfolgreichen Schriftstellerin Kate liiert und lebt mit ihr und deren Tochter Ruby in einem Vorort von New York. Während sie für ihr Buch "Beten für Anfänger" die Werbetrommel rührt, ganze Kirchen bei Lesungen füllt und die Hörer gebannt ihrer Radiosendung lauschen, übernimmt Paul gelegentlich Schreinerarbeiten, führt den Haushalt und kümmert sich um Ruby. Eines Tages geht er im Martingham State Park spazieren und trifft auf einer einsamen Waldlichtung auf den verschuldeten Spieler Will Claff, der seinen Hund grob misshandelt. Paul gerät darüber in Streit mit dem ihm Unbekannten und erschlägt ihn. Einziger Augenzeuge scheint der Hund, den Paul kurzerhand mitnimmt und liebevoll versorgt. Er plagt sich nun mit der Frage, ob er schuldig ist, ob er sich stellen muss und ob die Wahrheit jemals ans Licht kommen wird. Er weiht Kate ein, die eisern zu ihm hält. Paul wird zum Gutmenschen, übernimmt ein Ehrenamt nach dem nächsten und gerät nie in den Fokus der polizeilichen Ermittlungen. Doch am Ende droht der Zufall Paul fast noch einen Strich durch die Rechnung zu machen. - Scott Spencer beleuchtet mit seinem Roman die US-amerikanische Seele während des Jahrtausendwechsels. In der Schilderung des gleichsam mythisch entrückten herbstlichen Waldes spiegelt sich die depressive melancholische Grundstimmung am Vorabend zu den Geschehnissen des 11. September wider. Wenn auch handlungsarm, ist dieser tiefgründige Roman sehr spannend geschrieben. Empfehlenswert. (Übers.: Cornelia Holfelder-von der Tann)