Die Psychologin
Protagonistin und Ich-Erzählerin ist Sara, eine Psychologin Anfang 30. Sie lebt mit ihrem Mann Sigurd in einem alten Haus in Oslo, dessen Renovierung über ein anfängliches Provisorium hinaus einfach nicht vorankommt, in dem sie sich nicht wohl fühlt und das sie insgesamt zu lähmen scheint. Die Arbeit mit jugendlichen Patienten erfüllt sie nicht und strengt sie an. Eines Freitagmorgens verabschiedet sich Sigurd von ihr, um das Wochenende mit zwei Freunden in einer abgelegenen Hütte zu verbringen. Um die Mittagszeit erhält sie eine Sprachnachricht von ihm, in der er ihr mitteilt, dass er gut angekommen sei. Doch später rufen Sigurds Freunde an, um zu fragen, wo er denn bliebe. Sara ist fassungslos. Warum belügt ihr Mann sie? Wo steckt er? Ihr anfänglicher Zorn geht rasch in Sorge und angstvolle Unruhe über, denn noch bevor Sigurds Leiche unweit der Hütte gefunden wird, bemerkt sie, dass manche Dinge in dem jetzt noch größer wirkenden Haus verstellt, fort- oder hinzugekommen sind. So ist sie schon mit ihren Nerven am Ende, als die Polizei kommt, sie informiert, befragt und schließlich auch verdächtigt. Zwischen ihrer mittlerweile albtraumhaften Gegenwart schleichen sich Erinnerungen. Sara wird klar, dass ihre Vergangenheit, besonders ihre Ehe, keineswegs glücklich war, sondern vielmehr traumatisch, und sie beginnt, ihre eigene Geschichte, das, was passiert ist, nach und nach zu verstehen. - Helene Flood ist ein zuweilen beklemmender, gut lesbarer, von präzisen Beobachtungen und Reflexionen durchzogener Roman gelungen, bei dem sie leider ab der Mitte die aufgebaute Spannung nicht mehr so ganz halten kann. Es passiert einfach nichts nennenswert Neues, vielmehr setzt die Autorin ganz auf das psychische Erleben ihrer Protagonistin. Dennoch insgesamt fesselnde Unterhaltung!
Barbara Nüsgen-Schäfer
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Psychologin
Helene Flood ; aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein
btb (2022)
380 Seiten
kt.