Rotes Licht
Der betagte jüdische Historiker Solomon Richter liegt sterbenskrank in einem Moskauer Krankenhaus. Im Fernsehen hat er gerade gesehen, wie Präsident Putin dem russischen Volk erklärte, warum Russland die Krim eingenommen hat. Mit der klaren Sicht
des Sterbenden begreift Richter, dass die "russische Welt" nichts anderes bedeutet als Krieg: "Siebzig Jahre sind vergangen und alles ist wieder da". Viel Zeit bleibt dem in Buenos Aires aufgewachsenen Gelehrten nicht mehr, um sich die ein ganzes Jahrhundert umspannende Familiengeschichte ein letztes Mal vor Augen zu führen. Richter erlebte den Terror Stalins, den Zweiten Weltkrieg, die Sowjet-Diktatur, den Aufstieg der Oligarchen und das Putin-Regime. - Mit seinem ersten auf Deutsch herausgegebenen Roman präsentiert Maxim Kantor ein düsteres Bild von Russlands Vergangenheit und Gegenwart und ein wenig auch vom Deutschland der Nazi-Zeit aus der Sicht eines in Deutschland, England und Frankreich lebenden Russen, der in europäischen Zusammenhängen denkt. Am Beispiel von mehreren Familien über drei Generationen hinweg versucht der Autor zeitgeschichtliche Zustände zu erhellen und zu analysieren. Das weitgespannte Epochenbild ist für politisch versierte Leser zeitgeschichtlich-gesellschaftskritischer Stoffe geeignet. (Übers.: Juri Elperin, Sebastian Gutnik, Olga und Claudia Korneev)
Günther Freund
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Rotes Licht
Maxim Kantor
Zsolnay (2018)
700 S.
fest geb.