Funkstille

"Ich geh' eben Zigaretten holen ..." ist ein geflügeltes Wort. Wenn es nicht im Spaß gesagt wird, meint diese Redensart, dass jemand ohne Abschied, ohne ein Wort zu sagen, verschwinden will - für immer. Die Journalistin und Filmemacherin Tina Soliman hat sich mit dem totalen Abbruch jeglicher Beziehung beschäftigt, den diese Worte ankündigen. Diese sogenannte Funkstille wird meistens von beiden Seiten als erdrückend empfunden. Der 'Verlassene' fragt sich immer wieder nach den Gründen für den Abbruch. Er forscht nach seinem Anteil an der Schuld, gerät oftmals in Wut und Verzweiflung. Doch auch der 'Abbrecher' ist nicht glücklich. Er spürt sein Versagen, speziell den Mangel an Kommunikationsfähigkeit. "Es geht also auf beiden Seiten um seelische Verletzungen durch Kränkungen, um Symbiosen und Abhängigkeiten, Angst und darum, wie man mit alledem fertig wird ...", fasst die Autorin zusammen. Für sie ist die Funkstille sogar eine Vorstufe zum Suizid; einfach von der Bildfläche verschwinden, sich sozusagen in Luft auflösen, sich nicht zu verabschieden, das sei fast wie Sterben, ohne tot zu sein. Ein Leiden, das eigentlich vermieden werden könnte, wenn die Menschen sich mehr Zeit füreinander nehmen würden, offener miteinander umgingen und sich nicht scheuen würden, in ausweglosen Situationen professionelle Hilfe anzunehmen. Einfach abhauen und nie mehr etwas von sich hören lassen, ist meistens die schlechteste Lösung für beide Seiten. Aus ihren Gesprächen mit Betroffenen hat die Autorin auch Vorschläge entwickelt, wie Menschen, die sich auf diese Weise getrennt haben, wieder zueinander finden können. - T. Soliman hat über die "Funkstille" eine Dokumentation gedreht, die im NDR ausgestrahlt wurde und eine ungeahnte Resonanz hatte. So kam sie auf die Idee, dem Film ein Buch folgen zu lassen. Dabei ist ein einfühlsames Werk entstanden, interessant zu lesen.