Reise ins Unsagbare
In Form eines langen, sehr in die Tiefe gehenden Gesprächs reflektiert Gerhard Roth vor allem die Tätigkeit als literarischer Autor sowie die Aufarbeitung des Nationalsozialismus aus österreichischer Perspektive. Roth sieht den Autor als Archäologen, Untersuchungsrichter, Mentalitäten- und Selbsterforscher. Entsprechend verarbeitet er in seinem Werk Aspekte der NS-Vergangenheit ebenso wie persönliche Angsterfahrungen und das Freilegen von lange verschütteten privaten Erinnerungen. Spannend zu lesen sind etwa Erläuterungen, aus welchem Anlass er begonnen hat, die eigenen Kindheitserinnerungen aufzuschreiben, und wie er den Organismus eines Bienenvolkes als mögliches Strukturprinzip seiner Romanzyklen begreift. - Das Gespräch ist weitgehend nach biografischen und werkbezogenen Gesichtspunkten strukturiert, wobei die jeweils mehrbändigen Zyklen "Die Archive des Schweigens" und "Orkus" besonders breiten Raum einnehmen. Die Inhalte von Roths Romanen und Theaterstücken werden dabei nicht referiert. Sie zu kennen und eigene Leseerfahrungen zu besitzen, sind quasi Voraussetzung zur Lektüre des durchaus anregenden Buches. - Aus letztgenanntem Grund für ausgebaute Bestände mit hoher Ausrichtung auf zeitgenössische Literatur und/oder zur Ergänzung des Gerhard-Roth-Bestands.
Thomas Völkner
rezensiert für den Borromäusverein.
Reise ins Unsagbare
Hans-Jürgen Heinrichs im Gespräch mit Gerhard Roth. Mit Fotografien von Gerhard Roth
Residenz-Verl. (2015)
181 S. : Ill.
fest geb.