Ich nannte ihn Krawatte

Nach zwei Jahren Rückzug in sein Zimmer wagt sich einer der Ich-Erzähler wieder aus dem Haus seiner Eltern. Der erste Ausgang nach Jahren im eigenen Zimmer wird zu einem richtigen Abenteuer: er überrascht und verängstigt. Aber der Körper funktioniert, Ich nannte ihn Krawatte die Beine helfen beim Gehen, und eine Parkbank wird zum neuen Ausgangspunkt für ein Leben außerhalb der Schutzmauern des elterlichen Hauses. Und bald kommt es zu einer ersten vorsichtigen Begegnung mit einem älteren Herrn mit Krawatte, der sein eingepacktes Mittagessen auspackt und ein Gespräch beginnt. Nach und nach erzählen sich die beiden ungleichen Männer ihr Leben am Rande der Leistungsgesellschaft, der sie sich nicht stellen können. Der Ältere hat nach vielen Jahren, in denen er vor allem das gemacht hat, was von ihm erwartet wurde, seine Arbeit verloren und wagt es nicht, dies seiner Frau zu sagen. So verlässt er täglich um die übliche Zeit das Haus und verbringt den ganzen Tag auf der Parkbank, bis es wieder Zeit ist, nach Hause zu kommen. Im Gespräch miteinander kommen die vielen Brüche dieser unterschiedlichen Leben ans Licht und werden zum Teil erträglich. In kurzen, dichten Abschnitten lässt die Autorin die vergangenen Erlebnisse dieser vom Leben gezeichneten Menschen an uns herankommen, so wie sie in Gesprächen aus der Erinnerung hervorgeholt werden. Dabei geht es um Liebe und Enttäuschung, Angst, Schuldgefühle und unerfüllte Hoffnungen. Und nicht alles führt zum Happy End: Es wird ein Ende und einen Anfang geben. - Ein großartiger Roman über Gefühle und Reaktionen, Verletzungen, Familien, Menschen und Erlebnisse in unserer Zeit.

Lili Aignesberger

Lili Aignesberger

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Ich nannte ihn Krawatte

Ich nannte ihn Krawatte

Milena Michiko Flasar
Wagenbach (2012)

Quartbuch
139 S.
fest geb.

MedienNr.: 359376
ISBN 978-3-8031-3241-3
9783803132413
ca. 16,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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