Autodafé und Exodus
Muss man sich George Tabori (1914-2007) als einen glücklichen Menschen vorstellen? Glück hatte der in Budapest geborene Schriftsteller und Spielmacher, der sich nicht gerne Regisseur nannte, weil ihn das zu sehr an "Regime" denken ließ, nicht gerade.
Die Flucht vor den Nazis aufgrund seiner jüdischen Herkunft nach Berlin, dann nach London, der Tod des Vaters in Auschwitz, das zweimalige Erleben eines Weltkriegs - das sind wiederkehrende Themen auch der Erinnerungen, die unter dem Doppeltitel "Autodafé und Exodus" die ersten vier Lebensjahrzehnte umfasst. Doch Tabori selbst zählte die Jahre als Auslandskorrespondent in Sofia und Istanbul zu den glücklichen seines Lebens. Er erzählt leichtfüßig und elegant, mit Sinn für die Farce und das Absurde, etwa bei einem vorgetäuschten Selbstmord in der Türkei oder bei kleinen Missgeschicken als Kellner im Berliner Adlon. Frauen spielten eine maßgebliche Rolle in Taboris Leben und werden gebührend bedacht. Eine Autobiografie ist dieses Buch nicht, aber ein faszinierendes Fragment aus einem im Unglück das Glück suchenden Leben. Die Neuauflage zum 100. Geburtstag sei allen Beständen sehr empfohlen.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.

Autodafé und Exodus
George Tabori
Wagenbach (2014)
Quartbuch
154 S. : Ill.
fest geb.