Die Beichte

Die bis ins 20. Jahrhundert gelebte Praxis der Beichte ist seit einiger Zeit nicht nur in Deutschland, sondern in großen Teilen der Welt weitgehend verschwunden. Die Krise der Beichte ist aber mehr als nur die Krise eines Sakraments - sie signalisiert eine tiefer liegende Krise der Kirche. John Cornwells Buch über die "dunkle" Seite der Beichte ist selbst ein Symptom dieser Notlage, zeigt es doch, wie sehr das Sakrament in den Verdacht des Missbrauchs von geistlicher Macht geraten ist. Der Autor befasste sich als Religionswissenschaftler intensiv mit der Beichte und kam dabei zu dem Ergebnis, dass sie neben einigen guten Seiten viele gefährliche Mängel aufweise, die die Einführung der Kinderbeichte Anfang des 20. Jahrhunderts noch verschärft habe. Er prangert die damit verbundene schon früh produzierte Sündenangst an sowie die Furcht vor Fegefeuer und Hölle. Vor allem aber sei diese verfrühte Beichtpraxis eine völlige Verkennung der kindlichen psychischen Entwicklung gewesen. Hinzu kommen die zahlreichen Fälle sexueller Gewalt durch Geistliche, die während der Beichte praktiziert oder angebahnt wurden. Das und vor allem das völlige Unverständnis vieler Beichtväter für die Probleme der beichtenden Männer und Frauen führten dann - so Cornwell - zur gegenwärtige Krise des Sakraments. Das Buch beginnt mit einem Überblick über die historische Entwicklung der Beichte, es folgen Beobachtungen zu Beichtkindern und Beichtvätern, vor allem zu deren mangelhafter Ausbildung und der überzogenen Betonung des sechsten Gebots. Der kritische Leser wird schwanken, ob er das Buch für eine notwendige Analyse hält, die eine Hilfe für eine Wende zum Besseren ist, oder ob er meint, das Buch betone zu sehr die negativen Seiten der Beichte und könne die distanzierte Haltung vieler Menschen zur Kirche noch vergrößern. In KÖB zur kritischen Auseinandersetzung für aufgeschlossene Leser/innen möglich.