Kilometer Null

Im Rahmen eines UNESCO-Austauschstipendiums wird der Schriftsteller Kutzenberger der uruguayische Autorin Marta zugewiesen. Seine Schifffahrt nach Uruguay endet bizarr. Das Internet fällt aus, von den südamerikanischen Ländern ist nur Costaguana bereit, Passagiere aus Europa aufzunehmen. Als Flüchtlinge werden sie in ein Lager gesteckt, wo sie als "fiktiv" und "real" klassifiziert werden. Ein "Kampf der Literaturen" ist entbrannt, aufgrund eines provokativen Textes von Marta, die die europäische Literatur als realistisch einstuft, währenddessen Südamerika nur die Fiktion toleriert. Eine Rückkehr nach Europa sei nicht mehr möglich. Die „Fiktiven“ werden verfolgt, interniert und gefoltert. Protagonist dieses literarischen Feuerwerks an Erlebnissen und Schauplätzen ist, wie in seinen bisherigen Romanen (zul. "Jokerman", BP/mp 20/939), der Autor selbst, also Stefan Kutzenberger. Der Erzähler gibt sich erst im Lauf der Handlung zu erkennen. Es ist kurioser Weise eine der Personen aus Kutzenbergers früheren Romanen, die mit ihrer fiktiven Rolle nicht zufrieden ist und ihm deshalb "literarisch eins auswischen" will. Schon im ersten Kapitel ist vom Grab Kutzenbergers die Rede. Wie es zu seiner, durch eine Verwechslung geschehenen Ermordung kam, erfahren die Leser/-innen in einer fantastischen und abenteuerlichen Reise durch Südamerika mit zahlreichen Abstechern, in denen immer wieder neue Orte und Personen auftauchen, die auf kunstvolle Weise miteinander verwoben sind. Am Beginn jeden Kapitels ist vermerkt, wie viele Kilometer die tödliche Kugel von Kutzenberger jeweils entfernt ist, was für Orientierung sorgt und die zeitlichen Sprünge nachvollziehbar macht. Ein faszinierender, kluger Roman, der gleichsam ernsthaft und amüsant Realität und Fiktion vereint.