Windstärke 17
Die Handlung von „Windstärke 17“ setzt einige Jahre nach dem Ende von „22 Bahnen“ (BP/mp 23/463) ein und stellt Tildas Schwester Ida in den Mittelpunkt, die bei der alkoholabhängigen Mutter geblieben ist. Ihr Verhältnis zu Tilda ist schwierig, sie ist ihr zu organisiert, zu ungeduldig und das Familienleben, das sie mit Mann und 2 Kindern führt, ist ihr zu perfekt. Als ihre alkoholabhängige Mutter sich das Leben nimmt, während Ida mit ihrer besten Freundin auf einem Städtetrip nach Prag unterwegs ist, gerät Ida in einen Gefühlssturm von Windstärke 17. Sie kündigt die gemeinsame Wohnung, packt ein paar Sachen und flieht mit einem Ticket, das ihre Schwester Tilda ihr geschickt hat, aus der Stadt. Doch statt in Hamburg bei Tilda und ihrer Familie Zuflucht zu suchen, fährt sie weiter und landet schließlich auf Rügen. Dort heuert sie in Knuts Kneipe an, und als sie zusammenklappt, weil sie wenig Rücksicht auf ihren Körper nimmt, sammelt Knuts Frau Marianne sie ein und päppelt sie auf. Innerhalb kürzester Zeit entsteht so etwas wie ein Familienleben, das Ida Stabilität gibt und hilft, ihre große Trauer zu verarbeiten. Im Unterschied zu Tilda, die immerzu Pläne schmieden muss, fordern Knut und Marianne nichts von Ida, geben ihr den Raum, den sie braucht, um zu trauern und sich zu erholen. Und dann begegnet sie Leif und das Leben zeigt sich von seiner schönen Seite – bis bei Marianne Krebs festgestellt wird und der Sturm mit Wucht zurückkehrt. - Caroline Wahl ist ein weiterer mitreißender, bewegender Roman gelungen, der manchmal auf dem schmalen Grat zwischen Drama und Kitsch balanciert – und nie abstürzt. Ihre Sprache klingt wie Alltagssprache, nur schöner, ist nah an ihren Figuren – und an ihren Leser:innen. Ein wunderbarer Roman über Trauer, Widerstandskraft und die heilende Kraft von Zuwendung.
Christoph Holzapfel
rezensiert für den Borromäusverein.
Windstärke 17
Caroline Wahl
DuMont (2024)
253 Seiten
fest geb.