Der Kinderpapst

Ein Kardinal beantragt ein Seligsprechungsverfahren für Teofilo di Tusculo, der 1032 als jüngster Papst aller Zeiten auf den Stuhl Petri kam. Ein Beamter der Kurie wird beauftragt, die Quellen über das Leben zu durchforsten. Er, in dessen Rolle der Autor schlüpft, bringt Erstaunliches zutage: Benedikt IX. vulgo Teofilo war zuerst - wie zu erwarten - ein Spielball im Gerangel um die Macht in Rom; gleichwohl musste der Knabe auf seine große Liebe verzichten. Und Chiara di Sasso, seine Angebetete, musste, um den Machtpoker im Gleichgewicht zu halten, einen anderen Adeligen heiraten, der sie allerdings aufrichtig liebte. Nach Jahren des persönlichen Zweifelns - und der Reife zum Mann - will Teofilo mithilfe des Kaisers vom Amt zurücktreten. Mehrere Anläufe in diese Richtung misslingen, Teofilo verstrickt sich aber immer mehr in die Händel der römischen Adelscliquen, lebt im Überfluss auf Kosten der einfachen Römer und schreckt vor (Justiz-)Mord und Totschlag nicht zurück. - In diesem Roman gelingen dem Autor zwei Dinge: Zum einen bringt er Licht in die (kirchenpolitischen) Vorgänge, die letztlich unter dem Stichwort Gang nach Canossa zu einer Vorrangstellung des Papstes in der Herrschaftspyramide des Mittelalters führten. Zum anderen setzt er sich intensiv mit den inneren Beweggründen eines jungen Mannes auseinander, dem uneingeschränkte Macht gegeben, aber das Liebste genommen wurde; der sich am Ende seines Pontifikats mit seiner Schuld auseinandersetzen muss und daran schier verzweifelt. Mit der Länge der eingestreuten liturgischen Texte - sicher ein geschicktes retardierendes Moment - könnte Prange aber, obwohl das Buch wegen seiner historischen und psychologischen Durchdringung in die obersten Kategorien seines Genres einzuordnen ist, einige Leser zum Abbrechen der Lektüre bringen.