Die Akte Klabautermann
Die „Akte Klabautermann“, ein Gestapo-Dokument über das Verhör des Ehepaars Hampel - beginnend mit Protestaktionen bis zur Hinrichtung - übereicht Johannes R. Becher, Kulturfunktionär in der SBZ und Gründer des DDR-Kulturbunds, dem berühmten deutschen Romancier Hans Fallada, damit dieser einen Roman daraus mache. Die Akte wird zur Grundlage seines letzten Werks „Jeder stirbt für sich allein“ (s. BP/mp 11/622), dessen Veröffentlichung der Autor nicht mehr erlebt. - Oliver Teutsch, Redakteur bei der Frankfurter Rundschau, beleuchtet in diesem Roman die bittere Zeit der ersten Nachkriegsjahre in Berlin, wo allmählich wieder erstes literarisches Leben entsteht. Fallada mag den ihm vorgelegten deprimierenden Stoff eigentlich nicht, zumal er gleichzeitig selbst mit Alkohol und Morphium kämpft, ebenso wie seine Frau. Aber aus Geldsorgen schreibt er quasi im Krankenbett den Roman über Widerstand gegen den Nationalismus dann doch innerhalb von sechs Wochen. Beim Lesen berührt die Verzweiflung und Trostlosigkeit des düsteren Lebens in der Nachkriegszeit, die allmählich mehr Zuversicht Platz machen, je größer die Distanz zu den nationalsozialistischen Prägungen der Gesellschaft wird. An vielen Stellen werden persönliche Begegnungen Falladas geschildert, z.B. mit Gottfried Benn und vor allem mit Johannes R. Becher, der sich um Fallada sowohl persönlich als auch materiell (Papierknappheit) kümmerte. Oliver Teutsch gelingt es mit seinem Erstlingswerk sehr beeindruckend und mitfühlend, den Dichter Hans Fallada in seiner menschlich trostlosen Lage zu porträtieren.
Berthold Schäffner
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Akte Klabautermann
Oliver Teutsch
axel dielmann-verlag (2022)
315 Seiten
fest geb.