Der Duft von Steinen

1973 wird Gulchehra geboren in Ürümchi, Hauptstadt des Uigurischen Autonomen Gebietes Xinjiang. Einst eine kulturell bedeutende, unabhängige Region, Ost-Turkestan, seit Gründung der Volksrepublik China immer mehr unter dem Einfluss der Han-Chinesen und seit der Machtübernahme von Xi Jinping zunehmender genozidaler Unterdrückung ausgesetzt ("Umerziehungslager"). In einer angesehenen, kulturell renommierten Familie wächst Gulchera (nach den Schrecken der Kulturrevolution) in einer Phase relativer Freiheit auf, musisch und künstlerisch begabt, möchte sie den Kindern ihrer Heimat ihre Wurzeln, Kultur und Sprache näherbringen. Nach Lehramtsstudium stellt sie eine beliebte Kindersendung im chinesischen Staatsfernsehen auf die Beine, bereist das Land und vermittelt einen Eindruck von der Reichhaltigkeit und Schönheit der uigurischen Kultur - bis zunehmender politischer Druck und Zensur daraus eine prochinesische Propagandasendung machen. Ein Studienaufenthalt ihres Mannes in Europa ermöglicht ihr dort 2000 eine Auszeit, der Zugang zu freien Medien lässt sie erstmals das ganze Ausmaß der Unterdrückung und Gewalt gegen ihre Landsleute erkennen - und sie fasst den schweren Entschluss, nicht mehr zurückzukehren. In zweiter Ehe mit drei Kindern lebt sie seither in den USA, berichtet für Radio Free Asia über ihre Heimat und wurde mehrfach für ihren Einsatz für Freiheit und Menschenrechte ausgezeichnet. Neben dem Einblick in eine vergangene Welt und eine fremde Kultur, den Berichten von Unterdrückung und Entmenschlichung auch die berührende Geschichte einer Frau, die in schweren Lebenskrisen auch in ihrem Glauben immer wieder Halt findet, ebenso eine sehnsüchtige Reminiszenz an ihre Kindheit in einem Land, das es so nicht mehr gibt.