Freuds Schwestern

Das Buch beginnt, wo das Leben endet: die letzten Erfahrungen vor dem Abtransport ins KZ, wo Erniedrigung und Tod auf die inzwischen alt gewordenen Schwestern Freud wartet. Doch für Adolfine war auch der Rest des Lebens immer eine Herausforderung. Freuds Schwestern Von Anfang an hat sie sich von der Mutter abgelehnt gefühlt. Deren häufigster Satz bleibt ihr Leben lang in ihre Erinnerung eingebrannt: "Ach hätte ich dich doch nie geboren". Und Adolfine lebt den Schmerz dieser Ablehnung, zunächst noch beschützt von ihrem Bruder, aber mit dem Erwachsenwerden lockert sich auch dieses Band zwischen den Geschwistern. Während ihre Schwestern und Brüder neue Familien gründen, selbst Kinder haben, verliebt sich Adolfine in einen jungen Mann, Rainer, der "nach innen weint", der selbst keine Zukunft hat und am Ende Selbstmord begeht. - Dem Autor gelingt in diesem oft deskriptiven Werk eine Annäherung an das Denken und Leben der bürgerlichen Frauen im Wien des ausgehenden 19. Jh. bis in den Zweiten Weltkrieg. Die Idealisierung der Mutterschaft, der weiblichen Tugenden als Ehefrauen und Pflegerinnen, der Kampf um Rechte und Gleichberechtigung, aber auch Freuds Ideen vom Ich und dem Umgang mit psychisch Kranken prägen den Roman. Smilevski lässt uns hier in eine faszinierende Zeit unserer Geschichte hineinhorchen, in der es noch viel zu entdecken gibt. Lesenswert. (Übers.: Benjamin Lange)

Lili Aignesberger

Lili Aignesberger

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Freuds Schwestern

Freuds Schwestern

Goce Smilevski
Matthes & Seitz (2013)

328 S.
fest geb.

MedienNr.: 381861
ISBN 978-3-88221-052-1
9783882210521
ca. 19,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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