Die Tyrannei der Freiheit
Bekommt den Menschen die totale Entscheidungs- und Wahlfreiheit wirklich so gut, wie uns dies die (westliche) Werbe- und Medienindustrie glauben machen lässt? Exakt diesem grundlegenden ideologischen Aspekt der modernen Konsumgesellschaft fühlt die
slowenische Philosophin und Soziologin Renata Salecl ("(Per)Versionen von Liebe und Hass") in ihrem neuesten Werk auf den Zahn. Zu diesem Zweck untersucht sie das angesprochene Phänomen anhand von Themenfeldern wie Konsumverhalten, Partnerwahl oder Familiengründung, wofür sie sich u.a. Hilfestellung aus der Psychoanalyse holt. Dabei zeichnet Salecl ein wenig schmeichelhaftes Bild von den uneingeschränkten Wahlmöglichkeiten, welche die Sozialwissenschaftlerin zudem als Mythos entlarvt. Vielmehr begünstigen und verursachen sie Zwangsverhalten, psychischen Druck, Realitätsentfremdung sowie im schlimmsten Falle die Missachtung ethischer Werte. All das belegt die Autorin mit konkreten Beispielen, wobei sie streng wissenschaftlich vorgeht und zahlreiche Quellen ins Feld führt. Leider hat Salecl aber auch keine Vorschläge parat, wie sich gegen diese Missstände denn nun vorgehen ließe, weshalb "Die Tyrannei der Freiheit" den Leser eher ratlos zurücklässt. Als nachdenklich machende Antithese und Ergänzung zu den immer zahlreicher werdenden Lebenshilfe- und Verhaltens-Ratgebern ist das flüssig zu lesende sowie angenehm kurze Essay dennoch zu empfehlen.
Niko Dziemballa
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die Tyrannei der Freiheit
Renata Salecl
Blessing (2014)
237 S.
fest geb.