Waldinneres

Gottfried, der Besitzer des Kafi Glück in Zürich, erhält den Nachlass seines Vaters: einen Spazierstock, in dem ein kleines Gemälde steckt, und den Auftrag, dessen früheren Eigentümer zu finden. Ein Galerist bietet ihm eine hohe Summe, als er Waldinneres das Bild - nun gerahmt - in der Bar entdeckt. Der agiert seit Längerem im Auftrag eines amerikanisch-jüdischen Reeders, der es sich wiederum zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Gemäldesammlung von Jakob Sandler für dessen Erben wiederzubeschaffen. Sein Motiv ist lebenslange Loyalität gegenüber Sandler, weil der ihm in der NS-Zeit das Leben gerettet hat. Ein Stammgast, der Maler Max Müller, reagiert auch sehr auf das Bild. Es kommt zu einem Showdown mit verheerenden Folgen für den Künstler. - Die Autorin schildert im ersten Kapitel, wie Max Müller schwer verletzt aufgefunden wird, und blendet dann sofort auf die Anfänge der Geschichte zurück, wie Gottfrieds Vater den Juden Sandler bei der illegalen Einwanderung in die Schweiz helfen will, ihn aber verliert. In alltägliche Ereignisse eingebettet, klärt Subietas die Zusammenhänge auf, sodass für den Leser erkennbar wird, wie die Personen mit dem Gemälde - ein frühes Werk von Gustav Klimt - und untereinander verbunden sind. Dabei fallen Schlaglichter auf den Kunstmarkt und Kunsthändler, die skrupellos NS-Raubgut in ihrem eigenen Interesse hinterherjagen, und die gesellschaftliche Stimmung in der Schweiz um das Ende des Zweiten Weltkriegs herum. Die Form der Darstellung mit dem Handlungsschwerpunkt in der Gegenwart dürfte auch Leser ansprechen, die rein historischen Abhandlungen über die NS-Zeit skeptisch gegenüberstehen.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Waldinneres

Waldinneres

Mónica Subietas ; aus dem Spanischen von Lisa Grüneisen
S. Fischer (2022)

253 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 609171
ISBN 978-3-10-397083-8
9783103970838
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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